Ein gutes Buch mit kleiner Schwäche

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Jess Kidds Bücher sind mittlerweile für mich eine jährliche Tradition; jeden Herbst freue ich mich auf das neueste Buch. Eine schöne Tradition, die gerne so bleiben darf.

In ihrem aktuellen Buch „Die Ewigkeit in einem Glas“ befinden wir uns im viktorianischen England und begleiten unsere Protagonistin Bridie, die sich als Privatdetektivin verdingt und nach einem verschwundenen Mädchen forscht, das eine unheimliche Komponente haben soll.

Wie in bislang jedem ihrer Bücher, verleiht Kidd ihrer Protagonistin die Fähigkeit, die Toten (oder in diesem Fall einen Toten) zu sehen und mit ihnen zu interagieren. Was mich bei anderen Autoren eher abstößt und an Einfallslosigkeit denken lässt, ist hier ein liebgewonnenes Stilmittel, das sich in jedem Buch wiederholt, aber nicht an Charme verliert. In diesem Fall ist der tote Begleiter Ruby, der in einem Verhältnis zu unserer Protagonistin steht, das weder uns noch ihr zu Anfang klar ist. Aber hier zeichnet sich ganz klar eine der Stärken der Autorin ab; sie kann Figuren auf wunderbare Weise Leben einhauchen (oder in diesem Fall: so eine Art von Leben). Sowohl Haupt-, als auch Nebenfiguren würzen alle ihre Geschichten und machen sie zu einem bunten Potpourri aus Skurrilität und Individualität.

Auch hier hat sich wieder eine klare Lieblingsfigur herauskristallisiert, die in einem engen Verhältnis zur Protagonistin steht.
Neben der Figurenzeichnung ist der Schreibstil (und die Übersetzung!) ein Genuss.

All das zusammen genommen macht es für mich schon zu einem lesenswerten
Buch und das war hier definitiv auch der Fall. Ich mochte das Setting, die Themen und die Figuren. Womit ich mich jedoch nicht so sehr anfreunden konnte, war eine fantastische Komponente, die in dieser Geschichte dazu kommt und die es mir erschwert hat, mich in ihr fallen zu lassen. Sowohl die Auflösung, als auch die Entwicklung der Handlung hatten es mit mir nicht ganz leicht. Ich denke jedoch, wäre es nicht Jess Kidd, die mich mitten in das neblig-graue viktorianische London geworfen und mit skurrilen Figuren bekannt gemacht hätte, hätte es das Buch noch wesentlich schwerer mit mir gehabt.