Viktorianischer Krimi mit fantastischen Elementen

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Pfeifenrauch, Zylinderhüte, Backenbärte – im London des 19. Jahrhunderts übernimmt die Privatermittlerin Bridie Devine den Auftrag, die entführte Tochter des Adligen Sir Edmund zu finden. Sie stößt auf einige Ungereimtheiten. Der Vater und das Personal hüllen sich in Geheimnisse und Schweigen, denn kaum einer hat das Mädchen je zu Gesicht bekommen. Die kleine Christabelle ist ein besonders Mädchen, weshalb Bridie es mit allerlei skurrilen Widersachern zu tun bekommt. Auf der Suche nach dem Kind muss sie auch in ihre eigene Vergangenheit abtauchen und sich ihrem größten Gegenspieler stellen.
Bridie Devine ist eine starke, moderne Frau, die gerne logisch an die Dinge herangeht. Dennoch wird sie seit kurzem von einem Geist heimgesucht, den nur sie sehen kann. Zwar ist sie irritiert, doch der tote Boxer Ruby erweist sich als sympathisch und hilfreich bei ihrer Tätigkeit als Privatermittlerin. So wird er schnell ein Mitglied ihres Teams, das außerdem noch die zwei Meter große, maskuline Haushälterin Cora beinhaltet. Bridie ist selbst für heutige Verhältnisse eine spezielle Person, die in greller Kleidung und Pfeife rauchend nichts auf gesellschaftliche Normen gibt, ohne dabei an Charme einzubüßen. Doch nicht nur sie, sämtliche Figuren, die diesen Roman bevölkern, sind die reinsten Kuriositäten. Sie nehmen uns mit in das verruchte London in den 1960er Jahren, wo wir Einblick in die Schausteller-Szene der damaligen Zeit erhalten, als besondere Menschen noch als Zirkusattraktionen verkauft wurden. Ebenso erleben wir den Kampf zwischen Aberglaube und medizinischem Fortschritt der damaligen Epoche. Gewürzt wird das Ganze mit fantastischen Elementen, wodurch sich der Roman nicht eindeutig in ein Genre einordnen lässt. Für Fans von Historik, Fantasy und Krimi ist etwas dabei.
Ebenso speziell wie die Charaktere ist der Schreibstil. Ich habe bisher noch nichts Vergleichbares gelesen. Jess Kidd hat ein Gespür für Atmosphäre, sie beschreibt die Geschehnisse ein wenig poetisch und fast märchenhaft. Mir fehlen die Worte, ich empfehle dringend, sich eine Leseprobe von ihr anzusehen. Durch Zeitsprünge in die 1940er Jahre wird ein durchgehender Spannungsbogen erzeugt und die Puzzleteile der Handlung werden nach und nach zusammengefügt. Im Mittelteil des Buches hatte ich einen kleinen Durchhänger, der meiner Begeisterung aber keinen Abbruch tut. Ich vergebe mit Vergnügen fünf Sterne und möchte diese zauberhafte Geschichte jedem ans Herz legen.