Lebenskrise

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gkw Avatar

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Elke arbeitet nach dem Theologiestudium ehrenamtlich als Seelsorgerin in einem Altenheim. Aus heiterem Himmel fehlen ihr plötzlich die Worte, aber nur wenn es um Gott geht. Sie kann keine Gebete mehr sprechen und nicht aus der Bibel vorlesen, alles ausgelöscht.
Ihr Freund Jan sieht es entspannt, als Softwarespezialist braucht er keinen Gott für sein Leben. Aber Elke weiß wenig mit sich anzufangen nun ohne Beschäftigung, ohne Perspektive. Das einzige, was ihr noch bleibt, sind die Erwartungen der Eltern und die Leere, die entstand, als ihr Bruder mit siebzehn starb.
Und dann folgen für Elke ein außergewöhnlicher Sommer und Herbst mit einer toten Maus, mit Motorradartisten, einem sprechenden Papagei, geklauten Predigten und einer absackenden Kirche.
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Keine Sorge. Um dieses Buch zu lesen und zu mögen muss man weder Kirchgänger noch gläubig sein. Natürlich spielen Glaube und Religion eine Rolle, wenn eine junge Theologin eine Lebenskrise bekommt, aber ihre Krise ist umfassender, Gott und ihr Glaube sind nur die ersten Symptome, mit denen ihre Probleme ans Tageslicht drücken.
Elke ist Ende zwanzig, ihr Vater ist Pastor einer Gemeinde in einer Kleinstadt und natürlich wünschen ihre Eltern, dass sie diese Gemeinde eines Tages oder auch bald übernimmt. Sie hat sich bisher etwas rausgeredet, sie müsse erst einmal den Kopf freikriegen. Elke redet, denkt und verhält sich nicht so, wie ich es mir bei einer Pastorin vorgestellt hätte, aber das mögen Vorurteile meinerseits sein. Ich bin katholisch im Rheinland der 60er Jahre aufgewachsen und das prägt wahrscheinlich das ein oder andere Vorurteil.

Wir lesen die ganze Geschichte aus Elkes Perspektive und sind somit nah dran an ihrer Unsicherheit, an Wut, Trauer und auch Eigensinn. Alles ist gut formuliert, oft bildhaft und voller Metaphern, manchmal klar und direkt, manchmal melancholisch und sie zeigt auch genügend trockenen Humor und Selbstironie. Immer findet sie die richtige Erzählweise, um Elkes Emotionen zu verdeutlichen. Und Elke hat viele Emotionen, häufig negative.
Der Roman handelt von der Lebenskrise einer Endzwanzigerin. Da sie Theologin ist, ist es auch eine Glaubenskrise. Er handelt auch von Vergangenheitsbewältigung, von Trauer und Verlust, von Zweifeln und der Suche nach dem eigenen Weg, wenn man sich von Erwartungen befreit.
Fazit: Leicht und gut erzählt und doch mit Tiefgang, geeignet für Gläubige wie auch Ungläubige.