Hart an der Grenze …

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Karin Slaughter, eine der nimmermüden Autorinnen auf Thriller-Bestsellerlisten, legt mit „Die falsche Zeugin“ einen Thriller vor, der vielversprechend klingt.

Die Geschichte handelt von Leigh Collier, einer Anwältin, die auf dessen expliziten Wunsch einen mutmaßlichen Vergewaltiger verteidigen soll. Ohne zu ahnen, was da auf sie zukommt, lässt sie sich darauf ein und begegnet dem Gefangenen – nicht ihre erste Begegnung, wie sie feststellen muss. Denn sie kennen sich … so droht Leighs von Gewalt geprägte Vergangenheit wieder die Übermacht über sie zu gewinnen. Wie wird sie damit fertig werden?

Völlig neu ist die Idee, dass jemand, der in seiner Kindheit Gewalt erleben muss, Anwalt wird und für die Rechte anderer kämpft, ja nicht. Allerdings hat der Plot durchaus auch überraschende bzw. neue Elemente, etwa dass ein Angeklagter Druckmittel gegen eine Anwältin in der Hand hat. Damit wären wir bei Leigh, einer Kämpferin, die früh gelernt hat, sich mit Gegebenheiten „abzufinden“, sich zu arrangieren, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen; dennoch ist sie nicht gefeit vor kleinen Eitelkeiten (der ihr angetragene Fall würde sie beruflich deutlich voranbringen) und sie scheint auch nicht „nur gut“, denn sie hütet Geheimnisse, was sie in Summe zu einer recht authentischen Protagonistin macht. Das Verhältnis zu ihrer Schwester Callie, die in die Geschehnisse der Vergangenheit verwoben war, ist schwierig. Verwoben sind auch die Handlungsstränge der Gegenwart und der Vergangenheit, was m. E. immer für Spannung sorgt, weil man bei Erzählbeginn eines Strangs immer wissen will, wie es im anderen weitergeht. Hier treibt es die Autorin fast bis aufs Äußerste, denn die Zusammenführung erfolgt er kurz vor Schluss. Der Schreibstil ist gut und schnell lesbar, wenngleich er mir nur bedingt gefällt, da er recht einfach gehalten ist. Störender empfinde ich da schon die doch sehr „expliziten Schilderungen“, es geht ans Eingemachte (um es klar zu sagen, da ist einiges auf unterschiedlichen Ebenen ziemlich eklig)! Das sollte man wissen, wenn man sich auf die Geschichte einlässt, denn manchmal saß ich da und fragte mich: Muss ich das echt lesen? Blöderweise wollte ich wissen, wie die Geschichte ausgeht, daher lautete die Antwort „ja“. Wollte man eine Moral da reinlesen, wäre es vielleicht, dass kämpfen sich immer lohnt, man manchmal über seinen eigenen Schatten springen sollte und man gemeinsam weiterkommt im Angesicht eines widrigen Ereignisses. Spannend ohne Zweifel, sprachlich bedingt abwechslungsreich und ob der Geschehnisse nicht gerade leicht verdaulich.