Schuld und Sühne

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justm. Avatar

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Zwei Schwestern, die zwei völlig unterschiedliche Leben führen:
Während Leigh, eine mehr oder weniger erfolgreiche Anwältin mit Mann und Kind ist, ist Callie auch nach mehreren Entzugs-Anläufen noch immer in ihrer Sucht gefangen.
Beide eint jedoch die Liebe zueinander und die gleiche verkorkste Kindheit, die durch eine sich nicht kümmernde Mutter und ein dunkles Geheimnis geprägt ist.
Als Leigh eines Tages das Mandat eines vermeintlichen Vergewaltigers übernehmen soll, droht dieses Geheimnis nach all den Jahren wieder ans Tageslicht zu kommen.

Während die Idee für das Buch wirklich gelungen ist, so muß ich gestehen, daß ich mich schwer damit getan habe, in einen wirklichen Lesefluß zu kommen.
Es lag noch nicht mal daran, daß die Pandemie mittlerweile auch ihren thematischen Einzug in die Bücherwelt gefunden hat, nein, viel mehr tat ich mich mit dem Schuld-Motiv schwer, das immer und immer wieder von Leigh, als eine Art Handlungsmotor für beinahe alles, was sie tut, erwähnt wird.
Es ist zwar intellektuell durchaus zu verstehen, warum sie so denkt und handelt, aber auf der emotionalen Ebene schaffen es Figur und Autorin leider nicht mich abzuholen, womit dieses ständige "Es ist meine Schuld, daß das und das passiert ist!" mit der Zeit einfach nur nervig, regelrecht redundant, und damit auch der ganze erste Teil des Buches ein wenig "quälend" wird.
Erst als zum Ende des zweiten Drittels eine Überraschung passiert, mit der ich trotz Brotkrumen, die vorher ausgestreut wurden, nicht gerechnet habe, wurde es - für mich - spannender und das ungute Gefühl, daß ich vorher beim Lesen hatte, machte endlich - und das obwohl im Grunde von Anfang an klar ist, wer der / die Täter ist / sind - der Spannung Platz. Das kam dann aber vielleicht doch zu spät.

Im Lauf des, mit 600 Seiten doch sehr mächtigen, Buches schaffen es einige wenige, wohl dosierte Rückblenden, zwar das Bild zu vervollständigen und die ganze Geschichte abzurunden, leider machen sie das, dann leider doch vorhersehbare, Ende nicht wett.

So hinterläßt "Die falsche Zeugin" leider nur einen eher durchschnittlichen Eindruck, der zwar Fans des Genres dennoch gefallen könnte, aber aufgrund der Thematik und des fehlenden Leseflusses eben auch auf gegenteilige Stimmen stoßen kann.