Ein kluger, doch letztlich konstruierter Roman

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efka Avatar

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Die Krankenschwester Charlotte nimmt den von seiner Mutter zurückgelassenen Antoine wie ein eigenes Kind bei sich auf. Später wird Sie eine folgenschwere Entscheidung treffen, als Sie, unter Druck von Jules, dem Tausch seines schwachen Neugeborenen mit einem anderen, gesunden Kind zustimmt.
Die Last dieser Entscheidung tragen die beiden über Jahre auf Ihren Schultern, bis sich die Wahrheit nicht mehr verstecken lässt. Dieser innere Kampf setzt in Jules eine Reihe von Entscheidungen in Gang, die alle betroffenen Personen zusammenführen wird. Es geht um Menschen, die auf der Suche nach dem Weg sind, der für sie bestimmt ist. Die Autorin weiß dabei sprachlich zu überzeugen und zeichnet die Handlungen ihrer Protagonisten mit treffenden Worten: „Scheitern ist nur das Ende von etwas Falschem (…). Wer beim Absturz die Arme ausbreitet, fliegt.“

Die Geschichte spielt in einer nicht genauer bestimmten Zeit. Die Handlungsorte werden geographisch nur grob angedeutet. Die beschriebenen Landschaften passen aber stellenweise zum aktuellen Wohnort der Autorin in der Schweiz. Auch die Andeutung eines asiatischen Landes lässt dem Leser genug Raum für eigene Interpretationen.

Über weite Strecken des Romans gelingt es Clara Maria Bagus das Schicksal der Beteiligten in einer in einer poetischen Sprache zu erzählen. Zum Ende des Buches wird die Geschwindigkeit deutlich erhöht und die Erzählung wirkt überhastet. Entscheidende Gegenüberstellungen werden lediglich kurz angedeutet und die Aktionen der Protagonisten sind nicht immer nachvollziehbar und wirken gewollt. Insgesamt ist die Handlung letztlich von vielen glücklichen Zufällen gefärbt.
Etwas mehr Ruhe hätte dem knapp 350 Seiten fassenden Roman den Raum gegeben, die ansprechend eingeleitete Geschichte zu Ihrem verdienten Ende zu bringen.