Eine Anhäufung von Zufällen und glücklichen Fügungen …

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herbstrose Avatar

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Gerade mal sechs Jahre ist Antoine alt, als ihn seine Mutter verlies. Einfach so, ohne Grund. Sie forderte ihn noch auf, am Gartentor auf sie zu warten. So steht der Kleine bibbernd in der Kälte, bis Nachbarin Charlotte Stunden später vorbeikommt und ihn mit zu sich nach Hause nimmt. Fortan lebt er bei ihr, sie wird seine neue Mutter. Zwei Jahre später arbeitet Charlotte im Krankenhaus auf der Babystation als sie von Jules gezwungen wird, sein schwächliches krankes Neugeborenes gegen ein gesundes Baby zu tauschen. Er ist Richter in der Stadt und droht ihr Antoine wegzunehmen, falls sie nicht mitmacht. So willigt sie schließlich ein – sie tauschen die Kinder …

Clara Maria Bagus, geb. 1975 in Marburg/Deutschland, ist Schriftstellerin mit deutscher und schweizer Staatsbürgerschaft. In den USA und in Deutschland studierte sie Psychologie und war auch einige Zeit in der Hirnforschung tätig. Bagus ist verheiratet, Mutter von Zwillingsjungen und lebt heute mit ihrer Familie in Bern/Schweiz.

Das Buch beginnt recht vielversprechend. Das Schicksal des kleinen Jungen bewegt und der Tausch der Babys wirft Fragen auf. Wird Antoines Mutter irgendwann wieder kommen und kann die erst 22jährige Charlotte überhaupt die Mutter ersetzen? Werden die Mütter merken, dass ihre Babys vertauscht wurden? Fliegt der Schwindel bald auf? Solche und ähnliche Gedanken gingen mir durch den Kopf und ich freute mich aufs Weiterlesen. Leider wurde ich enttäuscht, denn die Geschichte entwickelt sich vollkommen anders als gedacht. Zwanzig Jahre später, die Kinder sind längst erwachsen, bekommt Jules plötzlich Gewissensbisse wegen der vertauschten Mädchen. Es beginnt ein endloses Geschwafel, auf das ich hier nicht näher eingehen möchte, und die Handlung wird immer sonderbarer. Irgendwann geschieht etwas, irgendwo ziehen sie hin, irgendwie treffen sie sich plötzlich, nichts wird klar benannt, Zeit scheint nicht mehr zu existieren.

Die Geschichte entbehrt jeglicher Realität. Hinzu kommt ein überzogen schwülstiger Schreibstil, der den von Hedwig Courths-Mahler noch weit in den Schatten stellt. Einige wahllos herausgegriffene Beispiele gefällig: „Seine tiefen, dunklen Augen leuchteten von innen heraus wie bläulich glühende Kohlen, bis die Schläge des Schicksals sie erloschen.“ (S.20) oder „Louises spinnfadenfeines blondes Haar lud sich bei jeder Berührung mit dem Kopfkissen auf, die Spitzen züngelten in die Luft hinaus. Ihre Augen wie nasser Stein.“ (S.34) oder „An einem Morgen, an dem sich der Nebel in grauen Fäden vor die Sonne spann, die Luft voll vom Blätterfall war und Laub raschelnd über die Erde trieb, verließ Jules das Leben, das nichts mehr mit ihm zu tun hatte, und machte sich auf die Reise.“ (S.150).

Fazit: Ich bin kein Freund abgedroschener philosophischer Lebensweisheiten und esoterischen Geschwafels – für mich war es Zeitverschwendung!