Gefühlvolle Geschichte vor historischer Kulisse

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„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“ dichtete Hermann Hesse einst. Man könnte meinen, diese Zeilen hätten auch von der in Berlin lebenden Chemiestudentin Sophia Krohn stammen können. Mit gerade mal 21 Jahren steht sie 1926 vor den Scherben ihres Lebens. Sie ist ungewollt schwanger und der Dozent, mit dem sie eine Affäre hat, steht nicht zu ihr, sondern drängt sie dazu abzutreiben – dabei ist ein derartiger Eingriff äußerst gefährlich. Doch für Sophia, die erkennt, dass dieser Mann sie nie geliebt hat, steht von vornherein fest: Das Kind will sie behalten. Die Konsequenzen ihrer Entscheidung sind schmerzvoll: Ihr Chemiestudium muss Sophia aufgeben und ihre Eltern setzen sie mit den Worten „Wir haben keine Tochter mehr!“ auf die Straße. Sophia bleibt nichts Anderes übrig, als bei ihrer Freundin Hanny unterzukommen, die als Tänzerin im Nelson-Theater arbeitet. Als Hanny unerwartet ein Engagement bei den Folies Bergère angeboten wird, kommt Sophia mit. Wie es der Zufall will, stößt sie in Paris auf einen der berühmten Schönheitssalons Helena Rubinsteins und kehrt so zu ihrer großen Leidenschaft – der Produktion von Kosmetik – zurück. Sie entwickelt eine Creme, die Helena Rubinstein von Sophias Talent überzeugt, sodass sie sie kurzerhand nach New York mitnimmt. Dort soll Sophia im Chemielabor neue Produkte für Helena Rubinsteins Schönheitsimperium herstellen. Wird Sophia in New York ein neues Leben aufbauen können, berufliche Erfüllung und vielleicht sogar eine neue Liebe finden?

„Sophias Hoffnung – Die Farben der Schönheit“ ist mein erster Roman von Corina Bomann. Ich habe bisher noch nichts von der gefeiertesten Schriftstellerin der deutschen Unterhaltungsliteratur gelesen und bin ihrer Schreibkunst direkt mit diesem Roman erlegen. Die Autorin schreibt mit einer Leichtigkeit, die sich auf die Leserin überträgt. Der Erzählstil ist weder überladen, noch zu schlicht. Es weist genau das richtige Maß an Beschreibung, Gefühl und Reflexion auf. Ab und zu mag einem einiges etwas klischeehaft erscheinen, das Lesevergnügen wird dadurch keineswegs getrübt.

Mit der Figur Sophia Krohns entwickelt Corina Bomann eine starke Protagonistin, mit der man sich identifizieren kann, mit der man mitfühlt und die man bewundert. Obwohl keinesfalls frei von menschlicher Schwäche ist sie eine kluge, mutige, gefühlvolle und zielstrebige Frau, der es immer wieder gelingt, sich von einem tiefen Fall zu erheben und wieder von neuem anzufangen. Durch die Ich-Perspektive ist man ganz besonders nah an der Protagonistin. Sie lässt uns in ihr Innerstes blicken, das schön, inspirierend und motivierend ist.

Auch die reale Person der Helena Rubinstein hat die Autorin überzeugend dargestellt. Sieht man sich Bilder dieser Frau an und liest sich ein wenig in ihre Biografie ein, denkt man unweigerlich: Genauso könnte diese Frau gewesen sein. Grundsätzlich finde ich Fiktion, die in ein historisches Setting eingebettet ist, äußerst ansprechend und interessant. Mit der Kosmetikbranche im Allgemeinen und Helena Rubinsteins Schönheitsimperium im Speziellen hat Corina Bomann eine Nische gefunden, die auf fiktionaler Ebene bisher nicht behandelt wurde und somit einen ganz besonderen Reiz hat – nicht zuletzt gerade aufgrund unser weiblichen Schwäche für die Welt der Kosmetik.

Corina Bomann ist mit dem ersten Band ihrer Trilogie ein spannendes, bewegendes und berührendes Werk gelungen. Ich warte schon gespannt auf die weiteren Bände.