Toller Auftakt, ich fiebere jetzt schon der Fortsetzung entgegen

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elke seifried Avatar

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Berlin 1926. Sophia Krohn, die Tochter eines angesehenen Drogisten, hat schon als Jugendliche ihre ersten Cremes selbst angerührt. Da ihr Vater all seine Hoffnungen in sie als Nachfolgerin setzt, unterstützt er sie auch bei ihrem Traum vom Chemiestudium. Allerdings nur solange, bis er, in seinen Augen, bitterböse von ihr enttäuscht wird. Eine Tochter, die schwanger ohne einen Mann, der sie ehelichen will, dasteht, will er nicht länger in seinem Haus haben, viel mehr noch, die gibt es für ihn nicht mehr. Sophia muss ihr Leben selbst in die Hand nehmen.

Als Leser lernt man Sophia, ihre Leidenschaft für Chemie und ihre Träume von der Herstellung von Kosmetik an ihren ersten Tagen an der Universität kennen. Dort zieht sie die Aufmerksamkeit eines neuen, jungen und äußerst attraktiven Dozenten auf sich, der gerade an seiner Habilitation arbeitet. Er ermöglicht ihr nicht nur den Zugang zu ganz anderen Laborbedingungen, sondern verdreht ihr auch gehörig den Kopf. Die Scheidung von seiner Frau sei nur noch eine Frage von Tagen und von einer Frau wie ihr habe er geträumt, Sophia lässt sich zu einer Nacht hinreißen, die sie ihr ganzes späteres Leben bereuen wird. Schwanger hat er nur noch die Adresse eines Engelsmachers für sie übrig und von Scheidung ist keine Rede mehr. Nachdem auch ihre Eltern von der Schwangerschaft erfahren und sie der Tür verweisen, darf man mit Sophie erst einmal bei ihrer Freundin Henny unterkommen. Die Nackttänzerin, die dann ein Engagement in Paris bekommt, lässt sie nicht sitzen, sondern nimmt sie kurzerhand mit. Doch der Traum vom unbeschwerten Leben in der tollen Stadt ist schnell ausgeträumt. Tagelanges Anstehen für eine Aufenthaltsgenehmigung, die Sophie im Gegensatz zu Henny nicht von einem Arbeitgeber organisiert bekommt, machen ihr die Tage schwer und auch die herannahende Geburt ist belastend für die junge Frau, die zudem keine Arbeit findet. Welche schlimmen Schicksalsschläge sie zu verkraften hat, will ich gar nicht verraten, nur so viel vielleicht noch. In Frankreich findet sie keine Arbeit, aber eine eigene Kreation einer Creme kann Helena Rubinstein begeistern und diese gibt ihr eine Chance sich zu beweisen. Allerdings ist das nur in New York möglich, und deshalb darf man genau dorthin reisen. Und auch hier gilt, das Leben schenkt ihr nichts.

Richtig gut hat mir gefallen, dass man hier eine gelungene Zeitreise unternehmen darf. Sowohl der Sprachstil, als auch das Setting passen perfekt zum Beginn des vergangenen Jahrhunderts, bei der Rolle der Frau angefangen, über den Hass vieler Franzosen auf die Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg, bis hin zum Aufstieg und der Konkurrenz von Kosmetikfirmen zu dieser Zeit.

Das war mein erstes Buch von der Autorin, wird aber sicher, ganz abgesehen davon, dass ich unbedingt auch den nächsten Teil lesen muss, nicht mein letztes bleiben. Der lebendige, flüssige Schreibstil der Autorin liest sich locker, leicht und die Seiten fliegen nur so dahin. Corina Bormann beschreibt super anschaulich und so hatte ich das Gefühl selbst mit vor Ort sein zu können, war mit in den Labors, in den Straßen Paris` oder auch Amerikas. Sie erzählt äußerst gefühlvoll und auch die Atmosphäre der jeweiligen Szenen ist zum Greifen nah. Ich meinte so fast selbst geduckt aus dem Elternhaus schleichen zu müssen, keine Luft mehr bekommen zu können, als Georg mit der neuen Flamme unvermittelt vor ihr steht, oder später nicht so recht zu wissen, wie die Avancen des Ehemanns von Helena Rubinstein abwehren zu können. Die Geschichte ist gespickt mit einigen ungeahnten Wendungen und auch vielen bewegenden Schicksalsschlägen, die dafür sorgen, dass man mit Sophia richtig mitleben kann, mit ihr leiden muss, sich mit ihr Hoffnungen machen darf und auch immer wieder Enttäuschungen und böse Überraschungen hinnehmen muss. Gelungen finde ich auch die Ich-Perspektive, ist man so Sophia doch noch einmal ein ganzes Stück näher.

Sophia habe ich schnell ins Herz geschlossen und konnte mich stets bestens in sie hinein fühlen. Sie ist toll dargestellt und auch die anderen Mitspieler sind wirklich vielfältig, glaubwürdig und authentisch gezeichnet. Sehr gut hat mir u.a. Henny gefallen, die die Bezeichnung gute Freundin wirklich verdient, imposant ist Helena Rubinstein in Szene gesetzt und auch die kleine Nebenrolle der Pariser Pensionswirtin Martine Roussel, die anfangs so abschreckend wirkt, sorgt für Überraschungen, die die Geschichte beleben.

Alles in allem wäre für mich auch ohne den furchtbaren Cliffhanger am Ende des Romans für mich völlig klar gewesen, dass ich auch den nächsten Teil unbedingt lesen muss. Begeisterte fünf Sterne für Sophias Hoffnung