Kurzweilig, aber...

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fritzitetzlaff Avatar

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Alexandra Wilsons „Die feindliche Zeugin“ bietet spannende Einblicke in die Abläufe britischer Gerichte – ein Aspekt, der mir besonders gefallen hat. Die detaillierte Beschreibung des Justizalltags, die formalen Prozesse und vor allem die Tatsache, dass dort wirklich immer noch Perücken getragen werden, haben mich gleichermaßen erstaunt und zum Schmunzeln gebracht. Diese juristischen Einblicke wirken authentisch und verleihen dem Buch einen besonderen Reiz.
Weniger überzeugend war allerdings die private Geschichte um Rosa, die nur am Rand thematisiert wird und mich emotional kaum abgeholt hat. Auch die titelgebende Zeugin – die eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte – blieb bemerkenswert blass. Ihre Rolle hätte deutlich intensiver ausgestaltet werden können, um die Tragweite der Handlung spürbarer zu machen. So blieb die Dramatik insgesamt recht flach, obwohl das Thema Potenzial für tiefere Reflexion geboten hätte.
Sprachlich ist das Buch einfach gehalten, was zwar den Zugang erleichtert, aber durch häufige Wiederholungen etwas monoton wirkt. Trotz dieser Kritikpunkte liest sich „Die feindliche Zeugin“ insgesamt flüssig und kurzweilig. Wer Interesse an einem niederschwelligen Einstieg in das britische Justizwesen hat, wird hier sicherlich fündig. Wer sich hingegen tiefere Einblicke in das Innenleben der Figuren oder eine nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus/Klassismus erhofft, könnte enttäuscht werden.