Was für ein Theaterabenteuer

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madame klappentext Avatar

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Inhalt: Drei Frauen schauen sich im Theater ein Beckett-Stück an, während vor den Toren der Stadt Melbourne Buschfeuer wüten. Quasi ein Stück im Stück, dabei könnten die Literaturprofessorin Margot, die Kunstmäzenin Ivy und die Platzanweiserin Summmer unterschiedlicher nicht sein. Sie hängen während des Stücks ihren ganz persönlichen Gedanken nach und lassen uns so teilhaben an Ihrem Leben außerhalb des Theaters.

Leseeindruck: Mich hat die Idee fasziniert einen Roman in einem kleinen abgeschlossenen Raum fast ohne eigentliche Handlung spielen zu lassen. Kann das Gut gehen? Ist das nicht langweilig? Diese Fragen schossen mir durch den Kopf und wollten beantwortet werden. Ja, es geht gut ohne auch nur auf einer Zeile langweilig zu sein.
Der Erzähler lässt uns an den Gedankengängen der drei Frauen während des Stücks teilhaben. Da ist das Leben mit einem demenzkraken Ehemann wie in Margots Fall, Trauer und Verlust beherrschen Ivys Gedanken, während Summer die Buschfeuer und das damit verbundene Schicksal ihrer Freundin April nicht aus dem Kopf gehen. Man erlebt das Stück durch die Augen der Frauen und nimmt dabei wirklich nur deren Blickwinkel war, samt ihrer Gedanken. Im Prinzip sind die Gedankengänge wirr, abschweifend, aber gerade deshalb ungefiltert und gnadenlos ehrlich. Mir hat das unwahrscheinlich gut gefallen, eine Figur auf diesen Weg so direkt kennenzulernen. Es gibt keine Gegenmeinung oder zweite Sicht auf die Dinge. Für mich ist das in diesem Fall kein Nachteil, denn umso intensiver kommen die Ansichten der drei Frauen zum Tragen. Quasi ein Roman mit drei starken Frauen im Mittelpunkt. Immer wieder habe ich mich dabei erwischt, wie ich mich in der einen oder anderen Situation wiedererkannt habe. Auch ich betrachte oft Sitznachbarn bei Veranstaltungen oder lasse meine Gedanken schweifen, um mich dann zu fragen, was ich auf der Bühne verpasst habe. Bis zu diesem Roman, war mir nicht klar, dass ja doch jeder im Zuschauerraum seinen Gedanken nachhängt. Wirklich toll eingefangen, diese Atmosphäre.
Auch wenn der Roman im Deutschen „Die Feuer“ heißt, finde ich doch, dass das Thema Theater viel wichtiger für das Ambiente der Geschichte ist. Die Umgebung im Zuschauerraum, auf der Bühne und auch in den Gängen des Theaters schafft eine ganz besondere Atmosphäre, die den Roman besonders macht. Im Englischen lautet der Titel übrigens „The Performance“, was ich weitaus passender finde. Der Mittelteil des Romans ist schließlich selbst ein Stück. Die Pause des Theaterstücks wird im Roman im Stil eines Dramas wiedergeben. Ein wirklich gelungener Kniff, der zum einen die Story beziehungsweise die Gedankengänge der Zuschauerinnen auflockert, zum anderen die drei Frauen zusammenführt.

Lieblingsnebencharakter: Schwer zu sagen, denn im Prinzip folgt man drei unterschiedlichen Geschichten, die auf den ersten Blick keine Berührungspunkte haben. Ich möchte auch gar keine Entscheidung treffen, weil alle Figuren, die einen Weg in die Gedankenwelt von Margot, Ivy und Summer gefunden haben, wichtig für die drei sind. Nur durch seine Mitmenschen wird man zu dem was man ist. Am deutlichsten in Erinnerung geblieben ist mir aber Summers Freundin April , die am meisten Berührung mit den Buschfeuern hat. Sie schafft quasi die Verbindung zur bedrohlichen Außenwelt.

Fazit: Ein Roman, der auf engstem Raum im Theater spielt und sich fast ausschließlich mit der Gedankenwelt der drei Zuschauerinnen Margot, Ivy und Summer beschäftigt. Stilistisch ein gelungener Roman, der starke Frauenfiguren in den Mittelpunkt stellt, die während eines Theaterstücks ihre aktuelle Lebenssituation reflektieren. Einfach toll gezeichnete Charaktere in einem besonderen Theaterambiente. Die Feuer als Titel könnte man schlussendlich auch als Methapher für die Gedankengänge der Frauen betrachten. In deren Leben es gerade mächtig lodert, genauso wie eben die Buschfeuer vor der Stadt. Ein Buch für Theaterliebhaber und alle, die starke Charaktere mögen.