Was tun, wenn es brennt

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Samuel Becketts Theaterstücke spiegeln die Absurdität des Lebens auf brillante Weise wider. Das Stück „Glückliche Tage“ ist da keine Ausnahme. Winnie ist bis zur Hüfte in einem Erdhügel vergraben und sorgt sich doch hauptsächlich um ihren Mann Willie, der seinerseits nicht besonders interessiert an ihr oder ihrer misslichen Lage zu sein scheint. Dieses Stück bildet die Rahmenhandlung des Romans, der von drei Frauen aus unterschiedlichen Generationen erzählt, die alle auf unterschiedliche Weise in ihrem Leben feststecken. Claire Thomas nutzt das Stück auf der Bühne als Spiegel für die Leben der Protagonistinnen. Wie Winnie sind sie in ihren Rollen gefangen, und während sie unbeweglich im Zuschauerraum sitzen, lassen sie ihre Gedanken schweifen, erinnern sich, erkennen festgefahrene Strukturen und reflektieren eigenes Verhalten. Wir hören abwechselnd die Stimmen von Margot, der Literaturprofessorin, die in den Ruhestand gedrängt werden soll und zu Hause mit den Gewaltausbrüchen ihres dementen Ehemanns zu kämpfen hat, Ivy, der Kunstmäzenin, die nicht über den Tod ihres erstgeborenen Kindes hinwegkommt, und Summer, der Platzanweiserin mit der Angststörung, die sich um ihre Freundin sorgt, da diese zu ihren Eltern in das Waldbrandgebiet außerhalb der Stadt gefahren ist. Die titelgebenden Feuer der deutschen Ausgabe fungieren als zweite Rahmenhandlung des Romans, die Berge um Melbourne herum brennen, die Hitze lässt kaum Luft zum Atmen. Selbst der Hügel, in dem Winnie festsitzt, wirkt tot.
„Winnies Hügel ist jetzt eine Müllhalde. Darum geht es im zweiten Akt, denkt Summer. Das ist es, was wir sehen sollen.“
Klimawandel, Naturkatastrophen, Müllberge: All das spielt in diesem Buch eine Rolle, löst Angst aus, die lähmt, aber vielleicht doch überwunden werden kann. Doch daneben geht es um so viel mehr: die Rolle der Frau in der Gesellschaft, Mutterschaft, Rassismus, Identitätssuche, Queerness und die verschiedenen Facetten der Liebe.
Dieser Roman ist erstaunlich vielschichtig, mir hat vor allem sehr gut gefallen, wie Thomas die bedrohliche Außenwelt mit der nicht minder bedrohlichen Innenwelt sowie der künstlichen Welt des Theaters verknüpft und diese sich gegenseitig spiegeln lässt. Am liebsten würde ich jetzt noch ins Theater gehen und mir das Beckett-Stück anschauen.