Ja, ich bin eine Frau – na und?!

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wallerie0 Avatar

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Vorab möchte ich erwähnen, dass es sich bei diesem Roman um die literarisch ausgeschmückte Biographie der Sportlerin Aganetha Smart handeln soll. Doch im Internet findet man hierfür keine Belege, so ist ihr Name in der ewigen Weltbestenliste der Olympischen Spiele nicht zu finden. Dieser Fakt tritt während des Lesens aber in den Hintergrund, steht ihr Schicksal doch stellvertretend für so viele mutige Menschen, die ihrer Zeit voraus waren. Sollte die Protagonistin also keine reale Person gewesen sein, so wünscht man sich doch sehr, sie hätte tatsächlich existiert, denn sie ist ein Vorbild für all diejenigen, die ihren Weg gehen wollen, trotz herrschenden Konventionen und Auffassungen.
Frei heraus, doch in wohlgeformten Sätzen, voller Sinn und Authentizität, äußert sich die alte unscheinbare Frau. Sie spricht den Leser damit direkt an, ohne dies vorrangig zu wollen. Ihr ganzes Leben lang wurde sie unterschätzt, ja, auch im Pflegeheim, in dem sie heute still und unscheinbar lebt. Im Inneren ist sie aber immer noch die junge dynamische Frau, welche alle Hürden nahm, die da Leben ihr stellte. Sie hat sich nicht abgefunden, sie hat nie aufgegeben. Das ist bewundernswert und Ansporn zugleich.
Für sie war und ist Leben Bewegung. Es war ein Kampf, der viel Kraft und Durchhaltevermögen erforderte. Sie lief, doch ihrer Zeit konnte sie nicht davon laufen. Alles hat seinen Preis und auch sie bezahlt für ihr Anderssein; u. a. mit einem Alleinsein, nicht nur in Gedanken. Sie hat sich das nicht ausgesucht oder gewünscht. Doch es ist, wie es ist und danach handelt sie. Dabei ist sie immer ganz sie selbst. Ihr Leben – ein Laufen, ein Ankommen wollen. Auch ihre Gedanken stehen nicht still. Anfangs war es wie eine Art Flucht, heraus aus dem Alltag, aus dem vorgegebenen damaligen vorbestimmten Weg, den eine Frau gefälligst zu gehen hat. Das Buch ist IHR ganz persönliches Rennen, bei deren Zieleinlauf wir vielleicht mit dabei sind.
In Rückblicken erzählt sie ihre Geschichte. Die beiden jungen Menschen, die sie interviewen, bleiben dabei farblos, ja, regelrecht unwichtig und dienen meinem Empfinden nach nur als Mittel zum Zweck. Bisweilen wirken die gegenwärtigen Passagen viel interessanter, als ihre mitunter ausschweifenden Kindheitserinnerungen. Dieser Eindruck ist aber eher subjektiv.
Eine absolut lesenswerte Biographie einer außergewöhnlichen Frau – emotional, ergreifend, mitreißend, beispielhaft.