Abschied und Rückkehr
Anette Strohmeyer siedelt ihren Roman im hohen Norden an. Die norwegischen Lofoten sind der Ort, wohin sich Gro nach dem plötzlichen Verlust ihres Mannes Nicklas zurückzieht. Gro nimmt ihre Trauer und die Urne mit in die Einsamkeit einer kleinen Hütte in einem schwer zugänglichen Fjord. Dieser Rückzug und Bruch mit ihrem bisherigen Leben ist radikal, schmerzhaft und eine sensibel beschriebene Katharsis. Dieses sich völlig herausnehmen aus der Gesellschaft erinnerte mich an den Roman von Daniela Krien 'Mein drittes Leben'. Gro geht tief hinein in ihre Trauer und zugleich taucht sie tief ein in die Schönheit der Landschaft und der Jahreszeiten. Das raue Klima und das nackte Überleben, das Schöpfen aus der fast unberührten Natur sind Balsam für die verletzte Seele. Sehr einfühlsam wird die Trauer und der stille Dialog mit dem Verstorbenen beschrieben und parallel findet Gro eine neue Heimat, sie schafft sich pragmatisch ein neues Leben, das zuerst das pure Überleben ist und langsam immer mehr zum Erleben, zum Neubeginn wird. Der Roman ist sowohl eine Hommage an die Schönheit der Lofoten, als auch ein tiefsinniger Roman über Abschied und Wiederkehr. Im letzten Teil des Romans engagiert sich die ehemalige Geologin im Kampf um die Verhinderung der Erdölförderung auf den Lofoten. Das passt zwar zur Neudefinition der Protagonistin, mindert für mich aber ein wenig die Zartheit und Stille im Nachklang. Dennoch ein ruhiges, sehr skandinavisches und lesenswertes Buch.