Zu vorhersehbar

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"Isabelles Geheimnis" ist der Titel des ersten Teils von Silke Zieglers "Die Frauen von der Purpurküste". Was der Auftakt zu einem Sommer(urlaub) voll angenehmer und leichter Lektüre hätte werden können, wurde für mich zu einem Abend voller Frustration. Warum ich Isabelles Geheimnis nicht mehr lüften musste und warum dieses Buch das einzige der Reihe bleiben wird, das ich lesen werde, schildere ich im Folgenden.

Zur Transparenz: Ich habe das Buch auf Seite 132 zugeschlagen und beschlossen es nicht mehr zu öffnen.

Amelie Trauber ist eine junge und erfolgreiche Autorin, die durch einen tragischen Unfall ihren Mann und ihren Sohn verloren hat. Es dauert lange bis Silke Ziegler diese "Katze aus dem Sack lässt" - obwohl es schon auf dem Buchrücken zu lesen ist. Der Leser liest sich seitenweise durch vage Andeutungen, bevor er den Unfall in einem kurzen Rückblick präsentiert bekommt. Dieser liegt schon eine Weile zurück und Amelie ist in einem tiefen Loch versunken. Nachdem sie sogar daran zweifelt, dass das Leben noch lebenswert ist, entschließt sie sich spontan nach Frankreich in den Urlaubsort ihrer Kindheit und dem Geburtsort ihres Vaters zu reisen. Nur leider ist das Haus ihrer Großmutter an einen Journalisten vermietet, was der Trauernden natürlich gar nicht passt. Sich mit einem Fremden das Haus teilen? Undenkbar!

Und spätestens hier begann es für mich abzubauen. Habe ich bis dahin noch mit leidlichem Interesse gelesen, war spätestens mit dem Zusammentreffen von Amelie und Benjamin alles vorbei. Die "Streits" zwischen den beiden sind zu gekünstelt, zu sehr gewollt. Man ahnt sofort, dass hier eine anfängliche Abneigung einzig und allein zu dem Zweck aufgebaut wird, um es hinterher in knisternde Leidenschaft zu verwandeln. Dabei handelt es sich bei weitem um kein seltenes Motiv in diesem Genre, aber ich habe es selten so lustlos und uninspiriert aufgebaut gesehen. Zumal weder Amelie noch Benjamin auch nur annähernd sympathisch für mich waren.

Ebenso die zahlreichen Begegnungen mit alten Bekannten und Verwandten gleich in Amelies ersten zwei Tagen in Frankreich: Es läuft immer nach dem gleichen (lahmen) Schema ab. "Ich habe gehört, was dir passiert ist..." - "Ja..." - "Das muss schlimm sein..." - "Wie geht es denn dir?" - "Mein Leben ist super." Natürlich darf auch die alte Sommerliebe nicht fehlen, der wortlos vor Jahren verlassen wurde.

Noch schlimmer wird es nur in dem "Tagebuch", das Amelies Großmutter Isabelle ihrer Enkelin überreicht, um das bisher nie ausgesprochene Geheimnis zu lüften. Ich setze "Tagebuch" in Anführungszeichen, weil es zwar kursiv gedruckt sich vom Text abhebt und damit eingeleitet wird, dass es sich um Aufzeichnungen besagter Isabelle handelt, der aber wortgetreu und in ausschweifendem erzählerischen Stil selbst Dialoge wiedergibt. Isabelle hat also nicht Tagebuch geschrieben, sondern ein Buch - solche Ungenauigkeiten stören mich wirklich. Das lösen Autorinnen wie Lucinda Riley oder Kristin Harmel deutlich geschickter.

Zu der Geschichte des Geheimnisses möchte ich im Grunde nichts schreiben. Es ist das reinste Klischee und das nicht mal schön erzählt, sondern verschnörkelt und - ich wiederhole mich mit diesem Wort - uninspiriert. Bereits nach wenigen Zeilen ist klar, worum es geht und wie es endet.

Aus diesem Grund habe ich auf Seite 132 einen Schlussstrich gezogen. Vorhersehbare Bücher können manchmal gerade durch ihre Vorhersehbarkeit spannend und interessant sein. Wenn die erahnte Geschichte sich aber in Plattitüden und Belanglosigkeiten verliert, dann ist mir meine Zeit dafür einfach zu schade. Tatsächlich bedauere ich das sehr, da ich mich wirklich auf dieses Buch gefreut habe. Ich hatte das Bedürfnis nach einem sommerleichten Liebesroman mit historischem Geheimnis. Aber ein bisschen Anspruch an die Geschichte habe ich schon.

Zwei Sterne gibt es für den immerhin leichten und angenehmen Schreibstil in sprachlicher Hinsicht, der die Tonalität des Genres gut trifft. Ebenfalls ist das Setting in Frankreich schön aufgebaut und man sieht die französische Küste beim Lesen durchaus vor sich. In Sachen Handlung bleibt dieses Buch für mich jedoch leer.