Großartig! Mit ein klein wenig Agatha Christie als Gewürz.

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ilonar. Avatar

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Was für ein Buch? Was für eine Täuschung? Wohlgemerkt nicht Enttäuschung!

Äußerlich und auch im Innern, zumindest am Anfang der Handlung, glaubt man einen Familienroman in Händen zu halten, der sich im Verlauf der ersten Kapitel zu einem Gesellschaftsbild des Spaniens unter Franco erweitert und ganz zum Schluss zu einem Krimi mit fulminanten Ende aufschwingt.
So wie es drei Frauenfiguren, alle mit dem Namen Maria, und die drei Generationen der Familie auf dem Weingut Principal gibt, ist das Buch auch mit drei Erzählsträngen ausgestattet.
Einer beschreibt die Zeit am Ende des 19: Jahrhunderts, als die erste Maria, später nur noch „die Alte“ genannt, auf dem Landgut zurückbleiben muss, als ihr Vater mit den vier Brüdern nach Barcelona geht. Das Gut steht vor dem Aus, die Reblaus hat die gesamten Weinberge befallen und vernichtet. Aber – der Keller ist voll mit flüssigem Gold, von dem sich die Brüder große Verkaufshoffnungen machen. Doch durch den frühen Tod des Vaters kommt alles ganz anders und Maria hat fortan keinen Kontakt mehr mit den Brüdern. Erst mehr als vierzig Jahre später soll einer der Brüder, er ist mittlerweile Bischof, wieder eine Rolle im Leben ihrer Tochter, der zweiten Maria, spielen. Diese Geschichte beginnt in den früheren 30er Jahren, ein wichtiger Aspekt ist im Jahr 1936, dem ersten Jahr des Bürgerkriegs in Spanien, das Auffinden einer verstümmelten männlichen Leiche, verpackt in einem Sack, den man wohl nicht ohne Absicht direkt vor den Toren der Principal abgelegt hat. Der Mord wird nicht aufgeklärt und erst vier Jahre später, die Franco-Anhänger sind jetzt an der Macht, erwirkt ein junger und ehrgeiziger Inspektor die Wiederaufnahme des Verfahrens und beginnt in diesem Fall zu ermitteln.
In seinen Gesprächen mit den Beteiligten wird die Geschichte nachgezeichnet und als Leser erleben wir darin ein anschauliches Gesellschafts- und Sittenbild der Franco-Diktatur. Auch die katholische Kirche ist involviert in Gestalt des bereits benannten Bischofs und des Dorfpfarrers von Rius, dem Dorf zu dem die Principal gehört.
Immer wieder begegnen dem Leser kursiv gesetzte Passagen, die man fälschlicherweise der früheren Amme Ursula, die längst zur langjährigen Vertrauten der zweiten Maria avanciert ist, zuordnen möchte. Von wem sie aber wirklich stammen, erfahren wir erst im erst im letzten der drei Teile, nämlich dem FINALE, wie es auch der Autor benannt hat.
Neben den drei Marias, die letzte erleben wir im Jahre 2001, ist die Figur des Inspector Recader, der sich mit Eifer in die wieder aufgenommen Ermittlungen stürzt. Recader hat privat eine große Leidenschaft, an der er uns das ein oder andere Mal teilhaben lässt. Er ist Fan des englischen Kriminalromans, insbesondere Agatha Christie und ihr „belgischer Detektiv“ haben es ihm angetan. Und so kann er nicht umhin, seine eigene Arbeit hin und wieder mit dem großen Vorbild zu vergleichen.
Jetzt erst erfährt der Leser auch, wer der Verfasser der Aufzeichnungen ist, die immer wieder die vordergründige Handlung unterbrechen und in Rückblicken Personen und Ereignisse auf der Principal wieder lebendig werden lassen. Diese Auflösung habe ich als einen kleinen Paukenschlag empfunden ebenso wie die Lösung des ehemaligen Mordfalls. Und in diesem zwar sehr kleinen, aber alles aufklärenden Finale, wurde es noch fast ein richtiger Krimi. Zumindest die Spannung dieser letzten Seiten steht dafür. Eine absolute Leseempfehlung und volle fünf Punkte.