Ein fesselnder Roman über Familiengeheimnisse vor der atemberaubenden Kulisse Maines 🌊🦞

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„Die Frauen von Maine“ hat mich gedanklich an einen Ort zurückkehren lassen, den ich physisch zuletzt 2013 besuchte. Mit dem schönen Stäatchen Maine verbinde ich nur positive Erinnerungen - wundervolle Tage am Meer an der atemberaubenden schönen Küste mit abendlichen Hummer-Dinners.

J. Courtney Sullivan hat mich nun wieder die Koffer packen lassen und ich durfte Urlaub in Maine machen in der kleinen Küstenstadt Awadapquit. Ein verlassenes, altes viktorianischen Haus auf einer Klippe stellte den Zufluchtsort für die Figur Jane dar - in den sie sich vor ihrem Zuhause flüchtete, das für sie kein glücklicher Ort war. Aufgezogen von einer alkoholkranken Mutter, machte zudem noch ihre Schwester Probleme.

Zwanzig Jahre später kehrt sie nun an den Ort zurück nach dem Tod ihrer Mutter und einigen Struggles in ihrem Leben. Ihre Ehe kippelt und ihre Karriere ebenso - sie versucht sich beim Entrümpeln des Hauses ihrer Mutter ins Leben zurückzukämpfen. Arbeitet sie heute als Archivarin an der Harvard Universität, trifft sie während ihres Heimatbesuches auf Genevieve Richards, eine wohlhabende Dame, deren Familie ihren alten Zufluchtsort, das viktorianische Haus auf der Klippe käuflich erworben hat und nun aufwendig renoviert. Selbige bittet sie um Recherchearbeit zwecks der Historie des Hauses, da sie meint Spuk dort zu vernehmen. Ihre Recherchen lassen sie auf mehr stoßen, als sie zunächst ahnte - und stellen einiges in Janes Leben auf den Kopf und bringen sie zum Grübeln über ihr eigenes Leben und ihre Vergangenheit, so viel soll gesagt sein.

Ich war absolut fasziniert über die reichhaltigen Themen, die J. Courtney Sullivan in diese Geschichte integriert hat - von detaillierten Passagen über die Kultur der amerikanischen Ureinwohner, über die Geschichte des Kolonialismus in Maine, die Shaker-Bewegung und die Wabanaki-Nationen, hat sie alle gekonnt verwoben in „Die Frauen von Maine“.
Aus mehreren Perspektiven erzählt sie eine Geschichte, die starke weibliche Charaktere zum Zentrum macht und über einige Jahrhunderte reicht. Sie sind verbunden, durch das alte viktorianische Haus auf der Klippe und Sullivan hat jeden einzelnen Charakter exorbitant gut gezeichnet. Doch einige Verknüpfungen nimmt sie mehr unter die Lupe als andere, was auch den zahlreichen Perspektiven geschuldet sein kann. Mit dem einen oder anderen Schlüsselmoment und Entscheidung in Janes Leben ging ich nicht konform - wenn ich auch die Inspiration der Autorin zu schätzen weiß, die Thematik der Motivation Veränderung im Leben herbeizuführen, in den Mittelpunkt zu stellen.

Es ist die perfekte Lektüre für alle Leser*innen, die auch mal ein langsameres Erzähltempo zu schätzen wissen. Ihr außerordentliche Recherchearbeit nimmt Raum ein in dem Roman und ließ Momente der Länge und Zusammenhangslosigkeit auftreten, was meinem Leseerlebnis insgesamt aber keinen Abbruch getan hat.

Tiefgreifende Themen scheinen ihr Steckenpferd zu sein - so erzählt sie sowohl über Alkoholismus, Verlust, Mutterschaft, Kolonialismus, amerikanische Ureinwohner, als auch über Generationentraumata.
Zusammengefasst ein Familiendrama, das historische Fiktion gespickt mit Spiritualismus und gotischen Elementen zu einer packenden Mysterygeschichte verbindet.
Die verschiedenen Schicksale der Frauen in unterschiedlichen Zeitebenen waren für mich emotional rührend und teils herzzerreißend, ich hätte gerne noch mehr Zeit mit ihnen verbracht. J. Courtney Sullivan hat mein Augenmerk auf die Wichtigkeit der Bewahrung der Vergangenheit derer gelegt, die vor uns kamen.

Es ist definitiv keine leichte Sommerlektüre, aber die, die sich die Zeit und Ruhe für diesen komplexen Roman nehmen, werden überaus belohnt. Eine große Leseempfehlung für alle Liebhaber*innen von Familiengeheimnissen, die historisch aufgearbeitet (akribisch recherchiert! Großes Kompliment an die Autorin!) werden und die sich mit starken weiblichen Charakteren identifizieren können.