Netter Schmöker mit Schwächen

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Jane kommt in ihren Heimatort an der Küste Maines zurück, um das Haus ihrer verstorbenen Mutter zu räumen. Dass sie sich trotz der Probleme ihrer Kindheit ein erfolgreiches Leben aufgebaut hat, scheint vorüber: Jane hat wahrscheinlich ihren Job und ihren Mann wegen der Auswirkungen ihrer Alkoholsucht verloren.

Im Örtchen Awadapquit lernt sie Genevieve kennen, die in das alte Haus auf den Klippen gezogen ist, das Jane schon seit ihrer Jugend fasziniert. Diese bittet Jane, zur Geschichte der Vorbesitzer zu recherchieren. Was Jane zuerst nicht weiß: Im Haus scheint ein Geist umzugehen und Genevieve ist vielleicht nicht ganz unschuldig daran…

Kommen wir zunächst zu den positiven Aspekten: Das Buch lässt sich superflüssig lesen, die Landschafts- und Ortsbeschreibungen und die Küstenatmosphäre haben mir gut gefallen. Außerdem ist es offenbar wirklich gut recherchiert und bringt interessante historische Themen ein. Besonders mochte ich die kürzeren Kapitel über die weiteren Frauen, die in der Geschichte des Hauses eine Rolle gespielt haben.

Warum kann ich den „Frauen von Maine“ aber trotzdem nicht mehr Sterne geben?
Punkt eins: Der größte Teil des Buches handelt eben von Jane. Und es ist mir nicht gelungen, sie besonders sympathisch zu finden oder an ihrer Geschichte wirklich Anteil zu nehmen – ich bin einfach nicht mit ihr warm geworden.

Zweiter Punkt: Es hat an die 200 Seiten gebraucht, bis ich wirklich in der Story drin war. Erst, als Jane anfängt, zu recherchieren, wurde es für mich irgendwie spannend. Was mich wirklich fast verrückt gemacht hat, sind die ständigen detailreichen Abschweifungen. An sich nichts Schlimmes, solange es den Lesefluss nicht stört, aber wenn ein gutes Gespräch oder ein Teil der Handlung, den man gern weiterverfolgen möchte, seitenlang unterbrochen wird, ist das zu viel. Teilweise wurden zu viele für die Erzählung unwichtige Details verarbeitet.

Und drittens habe ich an sich auch nichts gegen Themenvielfalt, aber in diesem Fall wusste man irgendwie nicht recht, worauf das alles hinausläuft, worum es eigentlich geht: Alkoholsucht, Mutter-Tochter-Probleme, Freundschaft, die Geschichte der Natives, Spiritualismus, dann kommt noch die religiöse Bewegung der Shaker dazu. Letztere hätte man beispielsweise auch einfach weglassen können, ohne dass das Buch irgendwie verloren hätte.
Es wirkt, als hätte die Autorin viele Interessen und Lieblingsthemen und wollte diese irgendwie alle unterbringen. Etwas mehr Struktur und Zusammenhang wäre meiner Meinung nicht verkehrt gewesen.

Bleibt die Autorin am Ball, wie in den kompakteren Kapiteln, liest sich das Buch super weg, aber der Gesamtzusammenhang ist mir nicht „geschmeidig“ genug. Auch der Schluss ist unspektakulär; keine aufregenden Erkenntnisse, keine Überraschungen. Insgesamt: Netter Schmöker, aber kein Buch, dass mir lange im Gedächtnis bleiben wird.