Schmöker ohne rechten Fokus

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merkurina Avatar

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Mehr noch als von bestimmten Frauen nimmt das Buch seinen Ausgang von einem verlassenen Haus auf den Klippen von Maine. Eine der Protagonistinnen hat es schon in ihrer Jugend fasziniert als Rückzugsort besucht - und als sie nun in einer Lebenskrise wieder in ihren Heimatort kommt, lernt sie die aktuelle Besitzerin kennen, die sich ebenso von den nostalgischen Mauern hat berühren und faszinieren lassen und nun versucht das Haus zu bewohnen.

Es wirkt, als habe die Autorin sich von diesem Haus anregen lassen und seine Geschichte und so manch weitere Geschichten von hier aus ersonnen, recherchiert, verzweigt und erweitert. Und darin steckt auch das Problem, das ich mit diesem Buch habe: Das wurde mir immer mehr ein zu großes Gewirr aus Themen, die sich in Zeit und Raum erstrecken, noch nicht einmal das Geisterreich bleibt unberührt, ganz im Gegenteil. Dabei scheint die Hinzunahme der Geisterwelt und Geisterseherinnen ein ziemlich bodenloser literarischer Trick, Rätsel der Vergangenheit zu lösen.

Die Erzählweise ist dabei manchmal sehr detailverliebt, fast ein bisschen geschwätzig - und das hat mir das Lesen streckenweise verleidet. Unter diesem Berg der manchmal viel zu vielen Worte verschwinden thematische Stärken fast. Die Auseinandersetzung, die Jane gegen Ende mit ihrer Alkoholsucht führt, hat mich beispielsweise berührt - ihre prägnanten und schonungslosen Beschreibungen haben mich an das autofiktionale "Nüchtern" von Daniel Schreiber erinnert. Während Schreiber das Thema jedoch in einem brillanten schmalen Bändchen verdichtet, wird es bei J. Courtney Sullivan in der überbordenden Themenflut versenkt.

Fazit: Kann man lesen, muss man nicht. Es braucht Geduld und Hingabe, sich in die verschiedenen Erlebniswelten treiben zu lassen ... und die fehlende Form nicht zu vermissen.