Das Leben geht weiter

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owenmeany Avatar

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Wie in direkter Rede spricht der Ich-Erzähler den Leser an, so als wüsste dieser bereits, worum es geht. Und eigentlich weiß er auch bereits viel zu viel, denn Waschzettel nehmen immer über Gebühr Einfluss auf den Lektüreverlauf mit ihren reißerischen Vorab-Informationen, nur dazu angetan, einen zum Kauf zu verleiten. Und dann soll man nicht mehr an "Elefanten" denken? Nein, man wartet die ganze Zeit darauf!

Der Erzähler, ein Arzt, lässt durchklingen, dass etwas Furchtbares bereits hinter ihm liegt, dass er es sogar bereits verarbeitet hat und nun unter Narben ein völlig abgeklärtes Leben führt. Von einem liebevollen Familienleben und einer tiefen Freundschaft zur einer anderen Familie berichtet er im Präteritum mit einer sanften Melancholie.

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion beginnt der zeitgeschichtliche Hintergrund der Story, die jedoch ihre durch und durch eigene Dynamik entwickelt mit gravierenderen, unmittelbaren Auswirkungen auf die beteiligten Personen. Dramatik gewinnt die Rahmenhandlung, als der Bruder einer früheren Patientin den Erzähler aus heiterem Himmel brutal bedroht.

Die gewundene Art der Erzählung, die aus der Gegenwart heraus Bruchstücke eines Schicksals evoziert, auf dessen Trümmer wir jetzt schauen, erzeugt eine starke Spannung.

Schade, dass eine derartig sorgfältige und wirkungsvolle Konstruktion immer durch die Waschzettel ins Wanken gebracht wird.