Die Schöne am Bosporus

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kaiserin2201 Avatar

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Istanbul, die Stadt schon mehr als zweieinhalbtausend Jahre am Marmarameer zwischen Schwarzen und Mittelmeer gelegen, ist eigentlich die Hauptprotagonistin des Kriminalromanes von Ahmed Ümit.
Oberinspektor der Polizei Nevzat muss den oder die Mörder von schließlich sieben Toten finden. Eine Aufgabe die mehr Wissen und Fingerspitzengefühl erfordert als so mancher schlichter Mord. Denn bei der Recherche über die Opfer stoßen Nevzet und seine Assistenten Ali und Zeynap auf Verbindungen der Toten untereinander, die in den Immobiliengeschäften der neueren Zeit liegen. Es scheint als sollten die Leichen auf die unsauberen Praktiken derer aufmerksam machen, die mit der Zerstörung der Altstadt Instanbuls große Profite einfahren, jedoch keine Rücksicht auf die historischen Relikte und die Geschichte der Schönen am Bosporus nehmen.
Der Autor nimmt den Leser auf eine Kulturreise durch die Jahrhunderte Istanbuls, einst Byzantion und Konstantinopel geheißen. Wunderbar in einer teils blumigen Sprache, die durch die Übersetzung von Sabine Adatepe niemals ins Kitschige abgleitet, lernt der Leser diese Stadt in allen ihren Facetten kennen. Menschen aller Ethnien und Religionen prägen sie bis heute, und schenken ihr einen architektonischen wie kulturellen Reichtum, wie es wohl keine Stadt in ganz Europa und Vorderasien in dieser Fülle aufweisen kann.
Am Ende der Geschichte wird Nevzat zwar den Fall aufklären, doch dies wird ihn zutiefst erschüttern, denn er wird dabei sehr gute Freunde verlieren. Er, der durch den Verlust seiner Frau und seiner Tochter durch einen Anschlag, vor ein paar Jahren, keinen tieferen Sinn des Lebens mehr erkennen kann ist weiterhin innerlich gespalten, wie und ob Unrecht durch Selbstjustiz geahndet werden darf, wenn die Behörden nicht helfen wollen oder können.
Ahmet Ümit gelingt bravurös die Zusammenhänge eines Verbrechens und die Umstände die dazu geführt haben, auf einer Ebene darzustellen, die nicht nur auf den Plot zusteuert, sondern auch gekonnt aufzeichnet wie es dazu kommen kann, dass Menschen zum letzten Mittel der Gegenwehr greifen, wenn Gentrifizierung nur noch in Zerstörung alter gewachsener Strukturen mündet. Kultur gegen Profitgier.
Mein erster Krimi dieses Autors, und sicher nicht mein letzter.