Wer bin ich? Und wer will ich sein?

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geschwaetz Avatar

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London. 2017/2018. Rose, 34 Jahre alt, erfährt von ihrem Vater, der nie über ihre Mutter redete, dass diese verschwand, als Rose noch nicht einmal ein Jahr alt war. Sie bekommt von ihm zwei alte Bücher. Sie erfährt, dass ihre Mutter mit der Autorin dieser Romane eine Beziehung hatte.
Diesem einzigen Anhaltspunkt will sie nachgehen, in dem sie die Autorin ausfindig macht und sich weitere Information zum Verbleib und zum Leben ihrer Mutter erhofft.
Zwischen Rose und ihrer Mutter Elise gibt viele Parallelen.
Rose wuchs ohne Mutter auf. Elises Mutter starb an Krebs, als Elise 9 Jahre alt war. Dieses Gefühl der Verlorenheit kennen also beide Frauen.
Und beide haben keine klare Vorstellung, keinen Plan, was sie im Leben tun wollen. Beide lassen sich durch die Zeit treiben.
Im Buch heißt es: „… genau genommen wollte Elise nur Connie. Sie wollte Frieden, Ruhe und ein bisschen Leben.“
Ab und zu geistert das Motiv von Fischen im Buch umher. Diese Tiere sind wie Elise, bzw. die Vorstellung, die Rose von ihr hat. Wenn überhaupt, sieht man sie im Wasser nur undeutlich, man bekommt sie nicht zu greifen, und selbst wenn man mal einen Fisch in der Hand hat, flutscht er einem sofort wieder weg, wie die Mutter, die nicht gefunden werden will.
Es gibt nur spärliche Informationen, die eine Richtung andeuten, aber kein Ziel markieren.
Eine Erkenntnis für Elise ist, dass man sein Leben auf Dauer nicht so leben kann, dass es allen anderen gefällt, nur einem selbst nicht.
Und auch Rose lernt im Laufe der Zeit und der Ereignisse, dass sie ihr Leben selbstbestimmt in ihre eigenen Hände nehmen muss.
Erzählt wird in wechselnden Perspektiven. Aus der heutigen Sicht von Rose und über die Jugend ihrer Mutter Elise in den 1980er Jahren. Diese interessante und schöne Geschichte ist gut geschrieben, aber schlecht formuliert. Oft zu kitschig, zu schwülstig, zu altbacken, was keiner der Figuren gerecht wird.
Die Wortwahl ist oft sehr eintönig und viel zu oft wiederkehrend. Sie sind einander dies, sie tun einander das, sie haben einander jenes … Dieses „einander“ kann ich jetzt für eine ganze Weile nicht mehr sehen.

Es wird fast nur von außen über die Figur der Bestsellerautorin Connie Holden erzählt, nur sehr selten über das, was in ihrem Inneren vorgeht. Ihre Empfindungen hält sie von allen fern und damit auch die Autorin Jessie Burton von den Lesern.
Die Szene, in der Rose bei Connie Holden eine Anstellung als Hausmädchen, die tippen kann, bekommt, ist für mich nicht glaubwürdig.
So richtig sympathisch war mir keine der Figuren.

In diesem Buch geht es um die großen Fragen.
Wie soll ich wissen, wer ich bin, wenn ich meine Wurzeln nicht kenne? Wie schaffe ich es, eigenständig zu leben, zu erkennen, was ich will und zu entscheiden, wie ich leben will?
Seinen Weg zu finden, seine Position zu bestimmen, ist für Menschen jeder Generation eine Herausforderung und damit ein zeitloses Thema.
Sehr angenehm finde ich, dass die Liebe zweier Frauen neutral erzählt und nicht gewertet wird.
Menschen gehen Beziehungen miteinander ein, die nie ohne Konsequenzen bleiben. Darum geht es.