Außerordentliche tolle Geschichte, doch leider zu wenig Bienen

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ceciliasophie Avatar

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William, ein depressiver Samenhändler aus dem Jahre 1852 in England lebend, der um seine Familie zu ernähren das Studium der Biologie abbricht, schafft es auf Grund einer Idee aus dem Bett zu kommen und sich fortan dem Studium der Bienen und vor allem der "Behausung" der Bienen zu widmen.

George, ein Imker aus dem Jahre 2007 in den USA lebend, hat gewisse Diskrepanzen mit seinem einzigen Sohn. Dieser soll in Georges Augen einmal die Farm übernehmen, doch Tom möchte lieber seinen eigenen Träumen nachjagen.

Tao, eine Arbeiterin aus dem Jahre 2098 in China lebend, übernimmt die Aufgabe der Bienen, die schon länger ausgestorben sind und bestäubt auf Plantagen die Blüten per Hand. Bis eines Tages ihrem Sohn Wei-Wen etwas schreckliches zustößt.

Diese drei Handlungsstränge sind sehr geschickt miteinander verwoben und verflochten. Durch die Kennzeichnung auf jeder einzelnen Seite weiß der Leser sofort, ob er sich gerade in Williams, Georges oder Taos Welt befindet. Somit wird einer möglichen Verwirrung dank Zeit- und Ortsprung sehr wirksam entgegengewirkt.
Die Charaktere fand ich alle samt sehr spannend und interessant.
Die Autorin hat es geschafft, drei so unterschiedliche Personen sehr authentisch darzustellen. Mir persönlich gefiel der Strang von William am besten, auch wenn er ein sehr egoistischer Mensch ist und generell sehr weinerlich wirkt. Doch mit einem (zugegeben abgebrochenem) Biologiestuidum im Kopf, lasen sich seine Passagen wirklich wie die eines Wissenschaftlers, der etwas Großem auf der Spur ist.
An sich hat mir die Geschichte außerordentlich gut gefallen. Wäre da nicht Titel, Cover und mein eigener Enthusiasmus. Erwartet habe ich eine aufrüttelnde und augenöffnende Geschichte über die Bienen und welche Bedeutung sie für uns Menschen hatten, haben und haben werden. Leider bekam ich dies nur in ganz geringen Dosen und letztendlich schnell abgehandelt auf ein paar Seiten am Ende beschränkt. Der Fokus lag viel mehr auf den einzelnen Familiengeschichten der Charaktere. Ich sehe hier verschenktes Potential für eine solch wichtige Thematik. (Achtung: Könnte Spuren von Ironie enthalten: Passender zum Inhalt wäre eventuell der Titel "Drei Menschen, die Probleme mit der Kommunikation und ihren Söhnen haben".)
Als ich mich doch damit abfinden konnte, dass meine Erwartungen hier nicht erfüllt werden, habe ich eine ganz wunderbare Lesezeit mit diesem Buch verbringen können. Ich fieberte und litt mit den Charakteren mit, nahm Anteil an jedem weiteren Schicksalsschlag. Denn diese Charaktere verdienen es einfach, gehört zu werden.
Der Schreibstil ist wirklich einzigartig und fesselt den Leser regelrecht an die Geschichte. Die Kapitel sind weder zu lang, noch zu kurz, so dass nie Langeweile aufkommt und die Spannung auf die nächsten Ereignisse nie abreißt.
Und auch wenn das Cover für mich etwas irreleitend hinsichtlich des Inhalts ist, so ist es wirklich ganz einmalig gestalten. Es überzeugt durch das Aussehen von Büttenpapier und seiner wunderbaren Schlichtheit.

Alles in allem vergebe ich 3.5 Sterne. Es ist ein ganz wunderbares Buch über Familien- und Einzelschicksale, jedoch kein Buch über Bienen. Zumindest nicht in dem Ausmaß, in dem ich es mir gewünscht hätte.