Ein Handel mit Intimität

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barbarasbuecherbox Avatar

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Sabine konnte dem System entkommen.
Seit einigen Jahren ist sie keine Bürgerin Green Citys mehr, sondern eine Außenseiterin – eine Rebellin, die sich weigert, die ihr vorgegebene Rolle einzunehmen.
Denn seit einem Virus, der einen Großteil der Frauen dahingerafft hat und noch immer befällt, müssen sich alle Frauen im gebärfähigen Alter mehrere Gatten nehmen, um den Fortbestand der Menschheit zu sichern und ausreichend Nachwuchs zu produzieren.
Prostitution ist untersagt, und alle Männer arbeiten auf daraufhin, eine Ehefrau zugeteilt zu bekommen. Dass sie sich diese mit anderen Gatten teilen müssen, passt ihnen zwar nicht, doch Regeln sind eben Regeln.
Doch – entgegen den Vorstellungen der männlichen Regierung – sind nicht alle Frauen mit ihrem Los einverstanden oder gar glücklich. Und um diesen Frauen einen Zufluchtsort zu geben, wurde die Panah gegründet: ein Refugium alleinstehender Frauen, eine Kuriosität in diesen Tagen. Doch um zu überleben, haben diese Frauen ein Geschäft gegründet: sie handeln mit Intimität ohne sexuellen Aspekten. Denn auch Männern fehlt in dieser getakteten Zukunftsvision die Beziehung zu einer Frau.
Alles unter dem Radar der Regierung.
Als Sabine jedoch dazu gezwungen ist, außerhalb der Panah mit Fremden zu agieren, die nichts von dieser auch nur ahnen, steht nicht nur das Schicksal der wenigen Frauen im Refugium auf dem Spiel …

Wir folgen der Story abwechselnd aus mehreren Perspektiven und erfahren, dass nicht nur Frauen mit der aktuellen Weltsituation unzufrieden sind, sondern auch die Männer sind nicht glücklich. Ihnen fehlt die Nähe und Geborgenheit, die man normalerweise bei einer Partnerin erfährt. Und so nutzen vor allem ältere Männer das Angebot der Panah und verbringen gemeinsam Nächte mit den jungen Frauen: ohne Sex, sondern nur mit Gesprächen und dem gemeinsamen Schlafen.

Die Idee hinter der Geschichte ist gut, aber extrem schwer greifbar.
Denn leider schaffte die Autorin nicht, mir die Welt glaubwürdig zu beschreiben. Denn auch, wenn ich verstehe, weshalb eine Frau mehrere Gatten zugewiesen werden (ich vermute, um den Genpool best möglich zu vergrößern und inzestuösen Krankheiten entgegen zu wirken), konnte ich zu keinem Zeitpunkt der Geschichte wirklich glauben, dass es dazu kommen würde.
Zu Anfang der Geschichte funktioniert das allerdings noch einigermaßen gut. Die Beziehung der Frauen mit den „großen“ Männern, die sich an die Panah wenden, ist einerseits persönlich und andererseits stark distanziert. Fast so, wie man sie sich zwischen Prostituierten und Freiern vorstellt.
Doch ab der Hälfte scheint es, als hätte die Autorin versucht, alles zu Ende zu bringen. Sabine trifft im Laufe der Geschichte auf einen Mann, woraufhin sich beide ineinander verlieben. Dies läuft ohne jeglichen Kitsch ab, was ich gut fand, doch gleichzeitig wirkten die Reaktionen der beiden auf mich oftmals äußerst seltsam. Die Plötzlichkeit, mit der der Mann sein Leben vollkommen aufgibt – ein Mann, für den Frauen eine Kuriosität sind – nehme ich weder ihm, noch der Autorin ab.

Nichtsdestotrotz unterhielt mich die Geschichte gut – nicht auf einem so hohen Niveau wie andere Dystopien, trotzdem möchte ich die Autorin im Auge behalten.
Man darf nur keinen Report der Magd erwarten.