Nur eine Dystopie?

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Bina Shahs Dystopie „Die Geschichte der schweigenden Frauen“ handelt in Green City, der Hauptstadt Südwest-Asiens. Die Geschichte ist weder zeitlich noch räumlich genau zu verorten, spielt jedoch nach Ende eines letzten Krieg und in einer lebensfeindlichen Landschaft. Der Name der Stadt ist Programm: Eine grüne Insel in der Wüste, in der Leben herrscht und von der weiteres Leben ausgehen soll. Denn die Menschheit droht auszusterben. Allerdings gibt es dabei den einen oder anderen Haken: die Menschen sind der herrschenden Minderheit unterjocht und das gilt insbesondere für die Frauen, denn diese müssen ihren Reproduktionspflichten nachkommen. Sie werden mehreren Männern zugeteilt, sodass ihr Leben dem eines Gebährrobotern gleichkommt, deren Wert dahin ist, sobald sie ihren Pflichten nicht mehr nachkommen. Doch nicht nur die Frauen leiden, sondern auch die Nähe zwischen Mann und Frau. Und wie meist, wenn Menschen leiden, finden Sie Wege bzw. Gruppen tun sich zusammen, um das Leid zu mildern bzw. davon zu profitieren. So auch in dieser Geschichte, wo eine Geheimorganisation Frauen als Gesellschafterinnen, den Hetären im antiken Griechenland ähnlich, anbietet. Zu ihnen gehört auch Sabine, die eines Tages in Gefahr gerät und damit die Geheimorganisation gleich mit, was dort drängende Fragen aufwirft.

Die Geschichte überzeugt nicht durch ihre Handlung oder ihren visionären Wert. Vielmehr wird man als Leser Gewinn daraus ziehen, wenn man sie als Parabel liest und mit Gesellschaften vergleicht, die ähnlich oder gar konträr zu den Verhältnissen in Green City vorgehen, wovon es genügend gibt. Wenn man dann anfängt, nachzudenken, wonach sich der „Wert“ eines Menschen bemisst, hat die Autorin ihr Ziel vermutlich erreicht. Was nun auf den ersten Blick nach einem guten und wichtigen Buch klingt, ist es inhaltlich auch. Dennoch gab es Punkte, die mich störten. Dass man manche Handlungen oder Geschehnisse nicht versteht, subsumiere ich noch unter Dystopie (wie wir unter den in der Geschichte herrschenden Verhältnissen agieren würden, werden wir hoffentlich nicht erfahren). Allerdings bleibt einiges unscharf bzw. wirkt undurchdacht, zum Teil wird die Geschichte auch recht „drastisch“ - das passt dann wiederum nicht zum Stil der Parabel. Auch der Stil bleibt auf einem literarisch-sprachlich zu überschaubarem Level, um mehr Sterne abzubekommen. Eine etwas anspruchsvollere Sprache, hier und da noch etwas mehr feilen und da und dort etwas weniger Klieschees und das Buch wäre ein großer Wurf.