Köstliches Appetithäppchen, wo ist der Rest?
Es ist schon länger her, dass ich leidenschaftlich gerne Kurzgeschichten gelesen habe. Vor allem die angelsächsischen Short Stories haben es mir seit meiner Schulzeit angetan. Deshalb habe ich mich auf diese Sammlung gefreut, denn genau in diese Tradition tritt Ben Shattuck hier ein. Er verortet seine Geschichten in die amerikanischen Neuenglandstaaten.
Das Coverfoto der beiden jungen Männer hat einen nostalgischen Touch. Das passt zu der einleitenden und titelgebenden Geschichte, die uns auch in das Jahr 1917 führt.
Etwas verwundert war ich über den recht schmalen Umfang des Buches, nur zwei Geschichten auf 104 Seiten! Die englische Originalausgabe „ The History of Sound“ enthält insgesamt zwölf (!) Short Stories auf 308 Seiten. Ich frage mich, warum davon nur zwei Kurzgeschichten ins Deutsche übersetzt wurden? Das ist eigentlich schade, denn deren Qualität ist hoch. Und bei dem Preis des Buches hätte ich auch gerne die anderen Geschichten der englischen Ausgabe genossen.
Verbunden sind diese beiden Short Stories durch ein zartes, empathisches Band. Die Protagonist*innen der beiden Stories kennen sich nicht persönlich. Aber das Mitfühlen der Protagonistin Annie der zweiten Geschichte und ihr Eingreifen, lässt die Einsichten der ersten Geschichte erst möglich werden. Auf diese Weise sind alle Originalgeschichten verwoben, was sie mich in dieser reduzierten Ausgabe noch mehr vermissen lässt.
Die erste Kurzgeschichte des Sammelbandes „Die Geschichte des Klangs“ enthält so viel Potential, dass sie in diesem Jahre unter der Regie von Oliver Hermanus verfilmt worden ist. Sie erzählt im Rückblick die Beziehung zwischen den jungen Studenten des Bostoner Musikkonservatoriums David und Lionel. Beide lernen sich 1917 kennen und finden nach dem ersten Weltkrieg wieder zusammen, um gemeinsam für eine kurze Zeit Folk Songs im ländlichen Maine auf Phonographen aufzunehmen.
Dass Lionel im hohen Alter noch einmal diese intensive gemeinsame Zeit mit David und sein Leben insgesamt rekapitulieren kann, verdankt er einem Charakter der zweiten Geschichte. Annie steht altersmäßig noch mitten in ihrem Leben und an einem entscheidenden Wendepunkt. Ihr gelingt es in einem Moment der Empathie und des Ahnens von Zusammenhängen, einen zarten emotionalen Faden zum unbekannten Lionel zu knüpfen.
Beide Geschichten vermitteln ein Gefühl der Melancholie und werden wunderbar poetisch und einfühlsam erzählt. Der Schreibstil ist ein Genuss. Die Verbindung der Menschen durch Zeit und Raum scheint ein besonderes Thema der Stories zu sein. Um das zu beurteilen, müsste aber die komplette Reihe vorliegen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Short Stories sind wirklich kleine Edelsteine, die aus der Kette herausgefallen zu sein scheinen. Der Verlag sollte sich nicht scheuen, die Geschichte als Einheit komplett übersetzen zu lassen. So bleibt mir nur das Gefühl, ein Appetithäppchen serviert bekommen zu haben. Köstlich – aber wo bleibt der Rest?
(Eigentlich würde ich gerne 5 Sterne vergeben, aber für die fehlenden Geschichten ziehe ich ausnahmsweise zwei Sterne ab.)
Das Coverfoto der beiden jungen Männer hat einen nostalgischen Touch. Das passt zu der einleitenden und titelgebenden Geschichte, die uns auch in das Jahr 1917 führt.
Etwas verwundert war ich über den recht schmalen Umfang des Buches, nur zwei Geschichten auf 104 Seiten! Die englische Originalausgabe „ The History of Sound“ enthält insgesamt zwölf (!) Short Stories auf 308 Seiten. Ich frage mich, warum davon nur zwei Kurzgeschichten ins Deutsche übersetzt wurden? Das ist eigentlich schade, denn deren Qualität ist hoch. Und bei dem Preis des Buches hätte ich auch gerne die anderen Geschichten der englischen Ausgabe genossen.
Verbunden sind diese beiden Short Stories durch ein zartes, empathisches Band. Die Protagonist*innen der beiden Stories kennen sich nicht persönlich. Aber das Mitfühlen der Protagonistin Annie der zweiten Geschichte und ihr Eingreifen, lässt die Einsichten der ersten Geschichte erst möglich werden. Auf diese Weise sind alle Originalgeschichten verwoben, was sie mich in dieser reduzierten Ausgabe noch mehr vermissen lässt.
Die erste Kurzgeschichte des Sammelbandes „Die Geschichte des Klangs“ enthält so viel Potential, dass sie in diesem Jahre unter der Regie von Oliver Hermanus verfilmt worden ist. Sie erzählt im Rückblick die Beziehung zwischen den jungen Studenten des Bostoner Musikkonservatoriums David und Lionel. Beide lernen sich 1917 kennen und finden nach dem ersten Weltkrieg wieder zusammen, um gemeinsam für eine kurze Zeit Folk Songs im ländlichen Maine auf Phonographen aufzunehmen.
Dass Lionel im hohen Alter noch einmal diese intensive gemeinsame Zeit mit David und sein Leben insgesamt rekapitulieren kann, verdankt er einem Charakter der zweiten Geschichte. Annie steht altersmäßig noch mitten in ihrem Leben und an einem entscheidenden Wendepunkt. Ihr gelingt es in einem Moment der Empathie und des Ahnens von Zusammenhängen, einen zarten emotionalen Faden zum unbekannten Lionel zu knüpfen.
Beide Geschichten vermitteln ein Gefühl der Melancholie und werden wunderbar poetisch und einfühlsam erzählt. Der Schreibstil ist ein Genuss. Die Verbindung der Menschen durch Zeit und Raum scheint ein besonderes Thema der Stories zu sein. Um das zu beurteilen, müsste aber die komplette Reihe vorliegen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Short Stories sind wirklich kleine Edelsteine, die aus der Kette herausgefallen zu sein scheinen. Der Verlag sollte sich nicht scheuen, die Geschichte als Einheit komplett übersetzen zu lassen. So bleibt mir nur das Gefühl, ein Appetithäppchen serviert bekommen zu haben. Köstlich – aber wo bleibt der Rest?
(Eigentlich würde ich gerne 5 Sterne vergeben, aber für die fehlenden Geschichten ziehe ich ausnahmsweise zwei Sterne ab.)