Intensiv und berührend.

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Norwegen, 2017. Signe Hauger, ehemals Tochter reicher Hotelbesitzer, nun stark in die Jahre gekommen, legt mit ihrem kleinen Boot an der französischen Küste an. Sie beschreibt eine materiell ausgerichtete Welt und erinnert sich dann an ihre Kindheit, in der sie zum siebten Geburtstag von der Mutter Schnee aus den Gletscherbergen geschenkt bekommt, worüber der Vater maßlos erzürnt ist. Und sie erinnert sich an den fast gleichaltrigen Magnus, mit dem sie so gern gespielt hat - und der nun Unfassbares tut: er verkauft das reine Eis der Gletscher in die reichen Wüstenstaaten. Noch hat sie Hoffnung, ihn davon abbringen zu können.
Frankreich 2041. David ist mit seiner kleinen Tochter Lou unterwegs in unwirtlichem Gelände. Er hat seine Frau und den Sohn verloren, es gab einen großen Brand, sie hoffen sich wiederzufinden. Doch die Dürre hält über fünf Jahre an, die Menschen streben nach Norden, wo es noch Wasser geben soll. Und sie stehen Schlange, um überhaupt etwas zu bekommen.

Obwohl der Einstieg zunächst ein wenig holprig war, entfaltet sich schon nach wenigen Seiten eine sehr intensive und berührende Erzählung, die einen kaum loslässt. Lunde hat ein untrügliches Gespür für kleine Gesten und Mimiken, sie baut Atmosphäre allein durch ihre hervorragende Beobachtungsgabe auf. All die kleinen Dinge, über die niemand nachdenkt, die aber alle allein und zusammengenommen eine kleine Geschichte erzählen, wenn wir uns nur die Mühe machen würden, mal ganz genau hinzusehen.
Obwohl eher nüchtern geschrieben wird, macht sich rasch ein beklemmendes Gefühl breit. Ich war gefangen. Kaum noch nötig zu erwähnen, dass - vor allem aus nordischer Feder (z.B. auch Itäranta) - das Thema Wasser (-knappheit) immer aktueller wird und 2041 vermutlich nicht so weit hergeholt ist, wenn es um die Schilderungen eben jenes Umstandes geht. Ein kleiner besonderer Roman, der viel Aufmerksamkeit verdient hat, das scheint schon jetzt klar zu sein. Hoffentlich kann die Autorin das Niveau halten.
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