Weil Zukunft eine Herkunft hat.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
dj79 Avatar

Von

Maja Lunde setzt sich in ihrem Buch „Die Geschichte des Wassers“ mit dem Thema der nachhaltigen Bewirtschaftung unseres Planeten auseinander und beschreibt innerhalb der Romanhandlung ganz nebenbei am Beispiel des Wassers einige Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. Sie macht deutlich, was passiert, wenn wir beispielsweise natürliche Flussläufe künstlich beeinflussen. Welche Flora und Fauna wird dadurch verdrängt? Was bedeuten unsere Handlungen von heute für unser eigenes morgen? Welche Bedeutung hat eigentlich unser Wasser? Wasser ist Leben, Wasser ist nicht gleich Wasser, Wasser ist endlich. Maja Lunde zeigt darüber hinaus auf, dass erneuerbare Energien nicht per se nachhaltig sind, sondern dass es auf den gesamten Kontext ankommt.

Durch die Einbettung in einen Roman mit Figuren, zu denen man sich hingezogen fühlt, verliert die Auseinandersetzung jedoch den „Schrecken“ eines Sachbuches. Maja Lunde stellt fest, klagt aber nicht wirklich an. Das Anklagen an sich überlässt sie dem Leser selbst. Ich habe mich zum Beispiel gefragt, ob es wirklich notwendig ist, jeden Tag zu duschen und noch viel mehr, jeweils so lange zu duschen. In meinem ohnehin schon vorhandenen Streben nach Plastikvermeidung hat mich das Buch noch bestärkt. Man ist sich gar nicht bewusst, wie lange es wirklich dauert, bis Plastik auf natürlichem Wege abgebaut wird.

Der Roman wird in zwei losen Handlungssträngen erzählt, die hier nur durch ein winziges Detail sehr charmant zusammengeknüpft werden. In der ersten Erzählebene (2017) begibt sich die fast 70-jährige Umweltaktivistin Signe allein auf eine Reise mit ihrem Segelboot von Norwegen bis ins Landesinnere von Frankreich. Sie möchte jemanden zur Rede stellen, nachdem sie in Norwegen ein Zeichen für Umweltschutz und Nachhaltigkeit gesetzt hat. Signe ist stark durch ihren, die norwegischen Berge liebenden, Vater geprägt und daher von Kindesbeinen an sehr engagiert. Sie kämpft ihr ganzes Leben lang jeden noch so aussichtslosen Kampf David gegen Goliath, um bei den Menschen Bewusstsein und Interesse zu wecken. Während ihrer beschwerlichen Reise erhält der Leser aufgrund ihrer Erinnerungen einen Einblick in Signes Leben. Zeitweise hat man den Eindruck, als wäre Signe gescheitert, als wären alle ihre Aktivitäten umsonst gewesen. Ich mochte Signe, ihre starke Persönlichkeit, ihrem Mut gegen den Strom zu schwimmen, ihre Beharrlichkeit und ganz besonders ihre Fähigkeit, niemals aufzugeben.

Die zweite Erzählebene spielt in Frankreich, 2041. Eine große Dürre zwingt David und seine Tochter Lou zur Flucht in den Norden, es ist längst nicht genug Trinkwasser für alle da. David macht auf mich den Eindruck als wäre er das erste Mal für längere Zeit allein mit Lou unterwegs. Er kümmert sich liebevoll um sie, ist allerdings zeitweise auch überfordert mit seiner neuen Rolle. Er ist hin- und hergerissen zwischen dem Vater-Sein und dem Mann-Sein, zwischen Egoismus und Fürsorge. Dennoch macht David seine Sache aus meiner Sicht gut, gerade auch aufgrund der Ausnahmesituation, in der sich die beiden befinden. Mit seinen menschlichen Schwächen ist mir David auch sehr sympathisch. Lou ist, mit heutigen Kindern verglichen, ein sehr erwachsenes, vernünftiges Kind. Viele Probleme erträgt sie stoisch, ohne sich zu beschweren. Anfänglich kommt nur ganz selten das Kind in ihr durch. Ich finde es sehr traurig, wenn Kinder derart um ihr Überleben kämpfen müssen, dass sie nicht mehr Kind sein können. Fröhlicher wird Lou erst, als sie mit ihrem Vater in einem vertrockneten Garten ein uraltes Segelboot entdeckt. Signes Segelboot. Es lädt zum Spielen und zu neuen Abenteuern ein.

Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen, ruhig und unaufgeregt erzählt. Ich glaube jedoch, dass man hier aufpassen muss, mit welcher Erwartungshaltung man an das Buch herangeht. Es ist halt kein Sachbuch. Ich hatte meine Freude dran und empfehle es gern weiter.