Dem Rione entwachsen …

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biancaneve_66 Avatar

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Der zweite Band der neapolitanischen Saga beginnt, als die beiden Protagonistinnen sechszehn Jahre alt sind. Die beiden Mädchen beginnen sich auseinander zu leben, geradezu zu entfremden - und doch finden sie immer wieder zusammen: eine Freundschaft von Kindesbeinen an lässt sich nicht einfach so auslöschen. Aber Lila und Lenù leben im Laufe der Geschichte immer mehr in verschiedenen Welten. Lila bleibt im Rione, wo sie durch ihre frühe Heirat zu Ansehen und Geld kommt, Lenù schafft es als sehr gute Schülerin aus dem Arbeiterviertel, in das beide hineingeboren worden sind, hinaus - sogar bis auf die Universität. Eine Herausforderung bedeutet der Eintritt in den neuen Lebensabschnitt des Erwachsenwerdens für beide jungen Frauen - neidvolle Blicke auf das Leben der jeweils anderen eingeschlossen.
Ferrante zeigt in ihrem Roman ausgezeichnet das Rollenverhalten der 50er-60er Jahre; vor allem die Stellung der Frau und der - oftmals erfolglose - Versuch in patriarchischer Gesellschaft auf eigenen Beinen zu stehen, einer Gesellschaft, die von Gewalt und kriminellen Machenschaften bestimmt wird.
Die langen, verschachtelten Sätze des Entwicklungsromans reißen den Leser in rasantem Tempo durch die Geschichte. Großes Lob auch an die Übersetzerin Karin Krieger. Es gelingt ihr, mit jeweiligem Andeuten des Neapolitanischen bzw. der italienischen Standardsprache auch die Unterschiede zwischen dem Arbeiterviertel Rione und der "gebildeten" Schicht zu unterstreichen.
Den ersten Band habe ich nicht gelesen, werde dies aber bald nachholen. Zur besseren Orientierung sind alle handelnden Personen inklusive ihrer Beziehungen zueinander gleich zu Beginn dieses zweiten Bandes aufgelistet, das praktische Lesezeichen enthält ebenfalls noch einmal alle wichtigen Charaktere.
Die detailreiche Geschichte ist absolut lesenswert und ich freue mich schon auf eine Fortsetzung!