Keine leichte Lektüre

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Bear Bavinsky ist ein alles beherrschender, egoistischer Künstlervater, der gern im Angebot der Weiblichkeit wildert und insgesamt 17 Kinder mit verschiedenen Müttern zeugt. Er fegt die Hoffnungen seines begabten Sohnes Charles, Pinch genannt, mit einem einzigen beiläufig hingeworfenen Satz hinweg. Es geht in Tom Rachmans Roman "Die Gesichter" aber auch um die Welt der Kunst, in die man einen tiefen Einblick erhält. Etliche Ausflüge in die Philosophie sind ebenfalls mit dabei.
In der Übersetzung heisst Pinch unter anderem Schwierigkeit, Not, Klemme. Und das ist der Protagonist zu Beginn auch: Er steckt quasi unter dem Stiefelabsatz seines berühmten Vaters, der als Ehemann und Partner ebenso unzuverlässig ist. Der Leser vermutet zu Beginn, dass Pinch, nachhaltig niedergeschmettert, es nie zu etwas bringen wird. Doch mit dem Tod seines Vaters und indem er nun sein Nachlassverwalter wird, wendet sich die Situation für ihn grundlegend, und er handelt in der Folge in überraschender Weise.
Ziemlich zäh waren die ersten 120 Seiten für mich. Etliche Längen hätten mich im ersten Drittel beinahe veranlasst, das Buch nicht weiter zu lesen. Doch es hat sich gelohnt, durchzuhalten, denn die Handlung nimmt dann rasch an Fahrt auf, und Rachman entpuppt sich als recht guter Erzähler. Vor allem, was sich im Gefolge der Künstler abspielt, bei Kritikern und Galeristen, erst bei den weniger Begüterten, dann in der reichen Kunstwelt, ist durchaus lesenswert. Die Sympathien sind nicht unbedingt bei Bear, vielmehr bei Pinch und seiner Mutter, die sich erstaunlich gut in ihre Rolle fügt. Insgesamt eine bedrückende Lektüre, die ich gern wieder aus der Hand gelegt habe.