Familienabgründe und Journalismus

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sago Avatar

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Das war für mich einmal ein ganz anderes Buch, da es das Leben einer isländischen Frau Mitte 20 beschreibt. Ich habe es gern gelesen, warum trotzdem nur drei Sterne? Vieles bleibt vage und wird nur angedeutet und lässt den Leser daher etwas ratlos allein. Frida vergötterte ihren kürzlich verstorbenen Vater und hat ein schlechtes Verhältnis zu Mutter und Schwester, die immer gegen sie zusammenzuhalten scheinen. Trotzdem bleibt die Mutter, tablettensüchtig, und die ichbezogene Schwester ebenso konturlos in meiner Vorstellung wie der heißgeliebte Vater, bei dem sich im Rückblick herausstellt, dass er seine Vaterrolle kaum wahrnahm und sogar zum Gewalttätigen tendierte. Frida treibt ziellos durch ihr Leben, bringt ihr Isländisch-Studium nicht zu Ende, jobbt, und bekommt dennoch auf einmal einen begehrten Job bei einer Zeitung, was unglaubwürdig erscheint. In Wahrheit soll sie dabei für ein anderes Blatt spionieren. Würde sich wirklich jemand die Mühe machen? Auch ihre Kollegen bleiben vage, stärker als die Familie, und ich hatte manchmal Mühe, sie auseinander zu halten oder überhaupt zu bemerken, dass sie meint, mit einem davon zu flirten, was aber hurtig im Sande verläuft. Völlig unglaubwürdig erscheint, wie Frida, die innerlich die Seiten gewechselt hat und eigentlich nicht mehr spionieren will, der Journalsitin, die sie als Spionin beauftragt hat, Topnews verrät und davon ausgeht, diese würde sie für sich behalten! Das fand ich regelrecht absurd. Durch die eingestreuten Erinnerungen an eine lieblose Kindheit bleibt die Geschichte trotzdem abwechslungsreich, auch wenn die erst am Schluss preisgegebene Erinnerung an eine frühe Vergewaltigung nicht recht zu allem anderen zu passen scheint. Ich habe mich gefragt, was will dieser Roman? Das Ende ist durchaus versönlich, obwohl Frida wieder vor einem halb unbekannten Neubeginn steht. Der Roman ist so seltsam wie das wirkliche Leben manchmal auch. Vielleicht hat er mir deshalb Spaß gemacht, obwohl ich ihn nicht bejubeln kann.