Karges Leben am Fjord

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barbara62 Avatar

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Seit dem Gastlandauftritt Norwegens auf der Frankfurter Buchmesse 2019 steht "Die Geschichte von Mutter und Vater" des norwegischen Autors Edvard Hoem auf meiner Wunschliste - wie so viele andere norwegische Bücher, die ich immer noch nicht geschafft habe. Als Fan skandinavischer Literatur hat man viel, leider zu viel zu tun. Vielleicht bekomme ich stattdessen jetzt die Chance, sein neues Buch zu lesen?

Ich lese nicht so viele historische Romane, weil sie mir oft zu kitschig und zu sehr mit den heutigen Augen betrachtet vorkommen, aber bei der Leseprobe von "Die Hebamme" hatte ich diesen Eindruck gar nicht. Dass die Protagonistin Marta Kristine nicht nur die Ururgroßmutter des Autors ist, sondern er auch in Archiven über ihr Schicksal recherchiert hat, spricht für die Qualität des biografischen Romans. Dabei interessiert mich nicht nur das Schicksal von Marta Kristine, sondern das karge Leben am Fjord, die Natur, die Hierarchie in der Dorfgemeinschaft und die Zwänge bzw. die Möglichkeiten, ihnen zu entkommen. Dass die Protagonistin eine solche Chance offenbar genutzt hat, macht mich neugierig.

Der norwegische Originaltitel "Jordmor på jorden" bedeutet noch mehr als die deutsche Übersetzung "Die Hebamme". Es beinhaltet für mich die mystische Dimension dieses Berufs, der damals aufgrund der hohen Kindbettsterblichkeit mit Sicherheit noch viel höher war als heute. Es war einer der ganz wenigen Berufe, wahrscheinlich sogar der einzige, bei denen Männer den Frauen nicht hineinreden konnten, jedenfalls in der Abgeschiedenheit eines Fjords, wo es sicherlich keinen Arzt gab. Für ein aufgewecktes Kind wie Marta Kristine, der schon als Schulkind das Schicksal der erwachsenen Frauen nicht unbedingt verlockend erschien, genau richtig.

Ich würde mich ausgesprochen freuen, wenn ich bei dieser Verlosung Glück hätte und damit zumindest gedanklich an den Fjord reisen könnte!