Die Gefühlswelt der Männer

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Der neue Roman von Nickolas Butler erzählt von Vätern und Söhnen, über drei Generationen von Männern und mehrere Jahrzehnte.

Der erste Teil beginnt im Sommer 1962. Nelson ist ein einsamer Junge, ein Außenseiter. Bedingungslos geliebt wird er ausschließlich von seiner Mutter. Er ist ein Streber, hat im Pfadfindercamp die meisten Abzeichen errungen und wirkt insgesamt sehr unbeholfen im Umgang mit Seinesgleichen. Das macht ihn zur Zielscheibe für die Grausamkeiten der anderen Jungs. Sein Vater versucht mit allen Mitteln, aus ihm einen echten Mann zu machen. Doch je mehr sich Nelson bemüht seinem Vater zu gefallen, desto mehr wendet er sich von ihm ab. Im Sommer 1962 verbringen Nelson und sein Vater gemeinsam ein paar Tage im Pfadfindercamp. Nur Jonathan steht Nelson gelegentlich zur Seite, doch als eine richtige Freundschaft kann man das Verhältnis nicht bezeichnen.

Der nächste Teil spielt sich über 30 Jahre später ab, Nelson ist traumatisiert durch seine Zeit in Vietnam, Jonathan ist selbst Vater. In diesem Teil erfahren wir einiges aus der Sicht des 16-jährigem Trevor, der völlig andere Moralvorstellungen hegt als sein Vater Jonathan. In diesem Teil ist es Jonathan, der aus seinen Sohn einen „richtigen Mann“ formen möchte.

Im letzten Teil werden wiederum einige Jahre übersprungen. Trevors Sohn Thomas soll nun mit seiner Mutter das Pfadfinderlager besuchen soll. Doch die Zeiten haben sich geändert, Thomas hat andere Interessen.

Der erste Teil um Nelson, der im Camp von allen nur „Der Trompeter“ genannt wird, hat mir mit Abstand am besten gefallen. Im Camp herrschen militär ähnliche Zustände, die Jungen sollen unter strenger Disziplin zu aufrechten, guten Menschen erzogen werden. Doch nicht alle halten sich an die Regeln. Nelsons Bestreben lässt ihn zum Außenseiter werden.
Im Zweiten Teil lässt die Geschichte arg nach. Nelson hat inzwischen einiges über das Leben gelernt und seine Zeit im Vietnamkrieg hat ihn stark traumatisiert. Dieser Teil erzählt immer wieder in kurzen Rückblenden über vergangene Ereignisse, doch als Leser erhält man immer nur episodenhafte Bruchstücke. Gerne hätte ich an dieser Stelle noch einiges mehr erfahren.
Zum Ende hin nimmt die Geschichte dann doch wieder an Fahrt auf und ich habe den letzten Teil wirklich gern gelesen.

Der Autor ist definitiv talentiert und konnte mich mit seiner emotionalen Sprache durchaus mitnehmen. Doch leider waren mir einige Strecken zu sehr in die Länge gezogen. Im ersten Teil habe ich sehr mit Nelson unter seiner Situation gelitten, das Pfadfinderlager hatte ich bildlich vor Augen und auch die anderen Charaktere wurden glaubhaft dargestellt, auch wenn ich ihr Handeln teilweise nicht gutheißen konnte. Dieses Gefühl für die Figuren ist mir im zweiten Abschnitt etwas abhanden gekommen. Auch haben sich für mich keine neuen Erkenntnisse über Männerherzen ergeben. Allein der Konsum von Mengen an Alkohol, Affären und Seitensprünge machen bestimmt keinen „echten“ Mann aus.

Alles in allem hat mir der Roman etwas mehr als durchschnittlich gefallen, meine Erwartungen konnten leider nicht völlig erfüllt werden. Das Buch begann stark und emotional mitreißend, ließ aber besonders im Mittelteil nach.