ein verstörender Blick auf amerikanische Männerherzen

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mrs-lucky Avatar

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Nickolas Butlers Roman „Die Herzen der Männer“ konnte mein Herz nicht wirklich erreichen. Liegt das daran, dass ich eine Frau bin, oder daran, dass ich zu sehr europäisch denke?
Der Roman ist in drei Teile gegliedert und umspannt darin die Geschichte dreier Generationen von Jungs bis Männern einer Familie im US-Bundestaat Wisconsin. Bindeglied zwischen diesen Geschichte ist die Figur von Nelson Dougthy, der im ersten Teil die Hauptrolle spielt, sowie ein Pfadfindercamp in den Bergen.
Das Buch beleuchtet zum einen die oft schwierige Beziehung zwischen Vätern und Söhnen, die unterschiedlichen Erziehungsweisen und Werte im Verlauf der Zeit beginnend bei den scheinbar idyllischen 60er Jahren, über die offeneren 90er bis hin zur Gegenwart. Es begleitet die Jungen auf ihrem Weg zum Mann und auf der Suche nach Anerkennung.
Ich habe die Geschichte mit seinem Fokus auf militärischen Drill, der schon im Pfadfinder-Camp beginnt, als sehr amerikanisch empfunden, auch die für mich verstörende Waffenaffinität trägt dazu bei. In allen drei Zeitabschnitten spielen Kriege und ihre Einflüsse auf die Männer eine große Rolle, militärische Ehren und Heldentum sind erstrebenswerte Ideale. Auch wenn die Schattenseiten dieser Lebenswege ebenfalls thematisiert werden, bleibt die Geschichte meiner Meinung nach eine amerikanisches Phänomen. Die Sprache ist an vielen Stellen berührend, bei mir hat die Geschichte oft einen bitteren Beigeschmack hinterlassen, die Dialoge wirkten aber mehrfach sehr gestelzt und nicht natürlich. Die Männer spielen eine tragende Rolle, wie es schon der Titel impliziert, sie treten sehr dominant auf, Frauen sind schmückendes aber oft störendes Beiwerk und werden diskriminiert. Darin steckt sicher auch ein Stück Gesellschaftskritik und das Thema passt zur aktuellen MeToo-Bewegung, mir blieb das zu oberflächlich, die Männerrolle trotz einiger Schwächen zu sehr in den Vordergrund gehoben. Die Charaktere sind zwar detailreich gezeichnet, mir sind sie während des ganzen Buches fremd geblieben ebenso wie die Welt, die hier beschrieben ist. Sicher findet man auch bei uns Unsicherheit bei den Männern, wie ihre Rolle in der Gesellschaft aussehen soll, bei uns ist diese allerdings deutlich weniger militärisch geprägt.