Pfadfinderleben

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regenprinz Avatar

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Den Klappentext des Romans finde ich im Nachhinein nicht sonderlich gelungen, denn er macht zwar neugierig auf die Geschichte, trifft aber den Inhalt m.E. nicht wirklich. Ich habe jedenfalls den Eindruck, eine andere Geschichte gelesen zu haben als diejenige, die im Klappentext skizziert wird.

Nach "Shotgun Lovesongs" gefällt mir der Erzählstil Nickolas Butlers auch hier sehr gut. Der Autor kennt natürlich den Schauplatz Wisconsin und die Gegebenheiten vor Ort bestens, da er selbst dort lebt. Trotzdem finde ich es toll, wie intensiv er die Atmosphäre vermittelt. Auch die Figuren und ihre inneren Konflikte finde ich sehr eindrücklich dargestellt. Der Roman ist so vielschichtig wie erhofft und erwartet.
Im Kern geht es meiner Meinung nach jedoch nicht um Männerherzen, sondern um Werte - und dafür eignet sich die Pfadfinderthematik sehr gut. Der Roman wirft beim Lesen viele Fragen auf, die er nicht alle beantwortet, und regt somit oft zum Nachdenken an. An den Jungen im Camp sieht man, wie sich die Zeiten ändern, doch trotz moderner Technik und Social Media bleiben bestimmte Dinge eben gleich. Oder verschlechtern sie sich gar?
Gesellschaftliche Strukturen, der Einfluss von Eltern und ihrer Erziehung bzw. das Fehlverhalten von Vätern oder Müttern prägen die Figuren im Buch wie ja auch im realen Leben. Butler zeigt hier konkrete Zusammenhänge auf und hinterfragt sie gleichermaßen. Im Grunde liegt es an jedem Einzelnen, was er daraus macht. Mit Nelsons Leben öffnet und schließt sich im Roman dieser Kreis.

Mir hat der Roman insgesamt gut gefallen. Vor allem sprachlich überzeugt der Autor mich auch dieses Mal.
Vermisst habe ich eine straffere Struktur - für meinen Geschmack mäandert die Geschichte über weite Strecken hinweg, ohne dass ich das so richtig nachvollziehen konnte.
Auch in punkto Spannung sehe ich noch Luft nach oben. Wobei ich mich beim Lesen keineswegs gelangweilt habe, dafür ist der Roman zu vielschichtig. Und er scheut vor den großen Fragen des Seins nicht zurück, ohne allzu pathetisch zu werden. Auch das fand ich positiv.
Ohne Zweifel ist Butlers neuer Roman lesenswert - nicht nur für Männer. ;-)