Die Scheinheiligkeit der feinen Gesellschaft

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kainundabel Avatar

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Sie sind in heller Aufregung, die "Hübscherinnen" des Frankfurter Frauenhauses am Dempelbrunnen. Man schreibt den Namenstag Maria Magdalenas im Jahre 1511, als Rosi, eine der Huren, spurlos verschwindet und später ermordet und übel zugerichtet aufgefunden wird. Sie litt an der aufkommenden "Lustseuche" und hat einen Freier außerhalb des Bordells getroffen, was eigentlich verboten ist, aber die Macht des Geldes war stärker als die Vorsicht. Die besorgte Hurenkönigin Ursel Zimmer fragt sich, wer dieser Freier sein könnte, von dem man lediglich weiß, dass er einen Ring mit sieben Schwertern trägt, das Zeichen der Schmerzensreichen Jungfrau Maria. Es bleibt nicht bei dem einen Mord und die Hurenkönigin treibt die Sorge um ihre anderen Gildeschwestern um. Sie stellt Nachforschungen an und begibt sich damit selbst in höchste Gefahr...
Ursula Neeb entwirft in ihrem neuen historischen Roman "Die Hurenkönigin" ein Sittenpanorama bigotter adliger Familien und der von Magistrat und Kirche gebilligten Prostitution im Frankfurt des ausgehenden Mittelalters. Detailgetreu und penibel recherchiert, lässt sie vor den Augen des Lesers die Menschen dieser Zeit und ihre Charaktere lebendig werden. Die chronologisch fortlaufende Handlung erzeugt zu jeder Zeit Spannung und ein hohes Maß an Empathie. Die in den vergangenen Jahren boomende Sparte der historischen Romane hielt längst nicht immer, was ihre Titel versprachen. Allzu oft waren die Autoren krampfhaft bemüht, ein historizierendes Gefühl aufkommen zu lassen, das sich beim Lesen aber gar nicht einstellen wollte.
Ursula Neeb ist hier eine absolute Ausnahmeerscheinung. Sie erzählt Geschichte nicht einfach nach, sondern verbindet Fiktion und Realität so gekonnt miteinander, dass der Leser Zeit und Handlung persönlich zu durchleben glaubt. Sprache und Diktion sind ganz dem Sujet entsprechend direkt, derb, ehrlich.
Die Geschichte um die Hurenkönigin fesselt bis zur letzten Seite und ist speziell für Freunde mittelalterlicher Romane ein absolutes Muss für länger werdende Herbstabende.