Freie Töchter

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Die Frankfurter Hurengilde wird gleich von zwei Feinden massiv bedroht, zum einen verschwinden Hübscherinnen aus der Gemeinschaft und werden Tage später, grausam zugerichtet, tot aufgefunden, zum anderen greift die Syphillis in der Stadt stark um sich. Die Hauswirtin Ursel Zimmer und ihre Huren sind der Verachtung der Stadt und der Kirche fast schutzlos ausgeliefert. Da sich die Stadtbüttel auch eher desinteressiert am Mord der ersten Hure, Rosi, zeigen, ermittelt Ursel allein.
Krimis sind meine Leidenschaft, historische Krimis finde ich aus der Kombination von Fiktion und Historie gepaart mit Spannung ebenfalls sehr reizvoll. Ursula Neeb kreiert einen spannenden gut recherchierten Mittelalterkrimi mit vielen gut strukturierten Spannungsbögen und vielen kleinen geschichtlichen Details. Ihre Protagonisten sind vielschichtig, menschlich und glaubwürdig dargestellt. Die Person der Ursel sticht dabei besonders hervor. Um ihren Beruf ausüben zu können flüchtet sie sich des Öfteren in einen Drogenrausch. Diese Zerrissenheit beschreibt die Autorin ganz eindrücklich. Der Sprachstil ist ebenfalls sehr interessant, hat man doch gerade bei den leichten Damen das Gefühle, sie wären schon viel älter als sie tatsächlich sind. Im Allgemeinen fand ich den geschichtlichen Aspekt, den Umgang mit den Freudenhäusern und deren Bewohnerinnen sehr aufschlussreich. Die Diskrepanz zwischen der weltlichen Obrigkeit ,die auf der einen Seite die Hand aufhält für den Gewinn den die Frauen erwirtschaften, und der religiösen Obrigkeit die sie auf der anderen Seite stigmatisieren, indem sie den Frauen eine strenge Kleiderordnung auferlegen, in der sie sofort als Hure gebrandmarkt sind, hat die Autorin sehr gut herausgearbeitet. Auch die Information, dass Hurenhäuser aus dem Grunde sehr geduldet und sogar erwünscht waren, um Frauen vor sexuellen Übergriffen zu schützen fand ich informativ. Wohingegen ich ebenso erschüttert war, dass Frauen die sich mit Lues ansteckten, fast ohne Unterstützung der Stadt verwiesen wurden. Die Folterungen die hier angesprochen werden, mögen auf den ersten Blick recht brutal wirken, aber sind dem Mittelalter und deren Folterwerkzeugen und Maßnahmen angepasst.
Fazit: Ursula Neeb lässt das Mittelalter fast spürbar wieder auferstehen, paart es neben Wahrheit und Fiktion mit einem gehörigen Schuss Spannung. Sehr empfehlenswert.