Lebendiger historischer Kriminalroman

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kimvi Avatar

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Frankfurt am Main, 1511 Nach einem Streit mit ihrem Freund Josef verschwindet die Hübscherin Roswitha spurlos. Mehrere Tage später wird ihre entstellte Leiche aus dem Main gezogen. Zahlreiche Verletzungen deuten darauf hin, dass sie keinen leichten Tod gestorben ist. Ursel Zimmer, die Vorsteherin der Hurengilde, ist entsetzt. Da ihr die Hübscherinnen persönlich am Herzen liegen, setzt sie alles daran, den brutalen Mord an Roswitha aufzuklären. Eine Spur führt zum letzten Freier der Hübscherin. Als der Mann gefunden wird, beteuert er allerdings seine Unschuld. Denn angeblich hat er nur einen Auftrag erfüllt und Roswitha etwas ausgerichtet. Sein Auftraggeber soll einen geheimnisvollen Ring getragen haben. Die Hurenkönigin folgt dieser Spur. Schon bald beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn ein weiteres Mitglied der Hurengilde verschwindet und Ursel Zimmer gerät durch ihre Nachforschungen in große Gefahr.... **Meine Meinung Der historische Roman beginnt mit einem Prolog. Hier beobachtet man einen ergebenen jungen Mann dabei, wie er versucht das Wohlwollen seiner missmutigen und strengen Herrin zu erlangen. Obwohl sie ihn ständig zu demütigt, ist der Unbekannte ihr zutiefst ergeben. Beim Lesen stellt man sich unwillkürlich die Frage, wie sich diese Szene wohl in die folgende Handlung einfügen wird. Das eigentliche Geschehen wird in der Erzählperspektive geschildert, wobei das Hauptaugenmerk auf Ursel Zimmer, der Vorsteherin der Hurengilde, ruht. Es gibt allerdings auch Passagen, die eine andere Sicht auf die Dinge ermöglichen. Der Einstieg in diesen historischen Krimi gelingt mühelos. Denn Ursula Neeb beschreibt die Handlungsorte und die jeweiligen Protagonisten so lebendig, dass man sie vor Augen hat. Ganz nebenbei erhält man einige Informationen aus der damaligen Zeit und bekommt einen Eindruck davon, zu welchen Bedingungen der Berufsstand der Hübscherinnen gearbeitet hat, welche Auflagen zu erfüllen waren und welchen Anfeindungen diese Berufsgruppe ausgesetzt war. Diese gut recherchierten und interessant vermittelnden Hintergrundinformationen bilden eine überzeugende Kulisse für die Ermittlungen der Hurenkönigin. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm lesbar, sodass man dem Handlungsverlauf ohne große Konzentration folgen kann. Ursel Zimmer ist keine unfehlbare Ermittlerin, sondern eine Frau, die das Herz auf dem rechten Fleck hat und deshalb das Bedürfnis hat, die Morde aufzuklären und die anderen Hübscherinnen zu schützen. Die Hurenkönigin wirkt sehr sympathisch, denn es werden nicht nur ihre positiven Charaktereigenschaften hervorgehoben, sondern auch ihre Schwächen aufgezeigt. Dadurch wirkt sie sehr menschlich und lebendig. Ihre Handlungen kann man allerdings manchmal nur schwer nachvollziehen. Viel zu oft runzelt man unverhofft die Stirn, möchte die Hauptprotagonistin schütteln und auf den vermeintlich rechten Weg bringen. Die Kriminalhandlung ist durchgehend interessant. Die durchaus aufgebaute Spannung kann allerdings nicht kontinuierlich gehalten werden, da die Gemütsschwankungen der Hurenkönigin sich zu sehr in den Vordergrund drängen und den Handlungsfluss etwas bremsen. Zum Ende hin laufen die Handlungsfäden zu schnell zusammen, sodass man den Ausgang der Erzählung bereits früh erahnen kann. Hier überschlagen sich die Ereignisse und wirken zuweilen sehr konstruiert und klischeehaft. Dennoch habe ich mich beim Lesen dieses historischen Kriminalromans gut unterhalten. Es ist der Autorin hervorragend gelungen, gut recherchierte Fakten mit einer durchaus interessanten Kriminalermittlung zu mischen und eine lebendige Atmosphäre zu erschaffen. Der Krimianteil hätte für meinen Geschmack etwas spannender sein können, doch insgesamt gesehen hat mir dieser Roman sehr viel besser gefallen, als "Das Geheimnis der Totenmagd", ein Roman, der ebenfalls aus der Feder der Autorin stammt und in dem die Hauptprotagonistin Ursel Zimmer ebenfalls eine kleine Rolle spielt.**