Eine zarte Geschichte über Einsamkeit und Verbindung

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dieamara Avatar

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Wieder einmal habe ich mich von Klappentext und Leseprobe stark beeinflussen lassen. Man vermutet eine Geschichte, die klar im zweiten Weltkrieg verortet ist. So war ich nach den ersten Seiten verwirrt, als die Geschichte begann quer durch die letzten 70 Jahre zu springen, von Leuten zu berichten, die mal in Amerika, mal in Europa leben. Man lernt in kurzen Kapiteln Kinder, Greise und junge Paare kennen, wird in vollkommen unterschiedliche Lebenswelten eingeführt, hört den verschiedenen Sichtweisen zu, in denen aber immer eines Mitschwingt: Eine Spur Melancholie. Man spürt in jedem Satz eine unsichtbare Mauer von Einsamkeit, die sich teils bewusst, teils unbewusst um die jeweilige Figur gelegt hat.
Nach etwa 100 Seiten fragte ich mich, ob vielleicht das Buch selbst sich mir entzieht. Ich dachte, ich finde keinen richtigen Zugang und dann plötzlich – nur wenige Seiten später tauchte eine schmale Verbindung zwischen den Ereignissen im kriegsgebeutelten Paris zu dem einsamen Mr. Hugo, zu der verliebten jungen Frau in Amerika und schließlich zu dem etwas seltsamen Jungen in Frankreich, der ein Flugzeugfrack in den Wäldern entdeckte. Es sind so feine Verbindungen, dass sie mir manchmal nur durch Zufall auffielen. Erzählerisch unheimlich geschickt und dezent verwebt der Autor die Handlungsstränge miteinander ohne laute und platte Verbindungen, die einem unwahrscheinlich und konstruiert vorkommen. Sowas hat dieser Autor gar nicht nötig, zu meisterhaft ist seine Geschichte, zu elegant sein Stil – eine ausgewogene, vielleicht etwas zu zurückhaltende Konstruktion, die den Leser zeitweilig auch in die Illusion des Getrenntseins fallen lässt.

Der schönste Satz:

„Unsere Liebe zu dir“, sagte sie,
„wird immer größer sein als irgendeine Wahrheit.“

Fazit: Eine berührende wie auch philosophische Erzählung über Menschen, dessen Leben durch eine Begegnung im Zweiten Weltkrieg bis in die Gegenwart verbunden sind. Dieses sprachlich wie kompositorisch lässt einen die Verbindungen nicht sofort entdecken, doch wenn man erstmal die Illusion des Getrenntseins durchbrochen hat, begleitet einen diese Geschichte noch über Wochen – vielleicht für immer.