✎ Simon Van Booy - Die Illusion des Getrenntseins

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jecke Avatar

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Nachdem ich 'Mit jedem Jahr' von Simon Van Booy gelesen hatte und total enttäuscht war, wollte ich vom Autor eigentlich Abstand nehmen, denn obwohl mir seine Schreibweise gefiel, konnte ich mit der Geschichte rein gar nichts anfangen.

Im Zuge unserer '12 Momente' habe ich jedoch beschlossen, 'Die Illusion des Getrenntseins' zu lesen und dem Schriftsteller somit nochmals eine Chance zu geben.

Zuerst war ich erstaunt, wie schnell sich die 200 Seiten lesen ließen. Dann hatte ich das Gefühl, dass dieses Buch mal wieder eins derjenigen war, die ich besser nicht gelesen hätte. Und nun, einige Tage später, kann ich alles etwas distanzierter betrachten.

Auf mich hat die Lektüre erst im Nachhinein gewirkt. Zwar würde ich jetzt nicht sagen, dass es eine geniale Geschichte bzw. Geschichten sind. Herr Van Booy hat es jedoch geschafft, dass ich auch nach dem Lesen noch über seine Worte nachdenke.

Es ist gewiss kein leichter Schreibstil, der Verwendung in diesem Werk findet. Und er sagte mir auch nicht zu jeder Zeit zu. Dennoch gibt es Worte und Sätze, die mich berührten, die meinem Denken einen neuen Anstoß gaben.

"[...], reichte einem die Worte, statt sie zu werfen." (S. 24)

Manchmal, nach dem Lesen, habe ich gedacht, ob es nicht besser gewesen wäre, mehr Seiten zu füllen, um den Menschen, die darin vorkommen, Tiefe mit auf den Weg geben zu können. Aber dann komme ich immer wieder zu dem Punkt, an dem es mir gefällt, dass hier einzelne Schicksale angerissen werden und aufgezeigt wird, wie sich Wege kreuzen können.

Es ist definitiv ein Buch zum drüber Nachdenken und nicht zum Herunterlesen und auf die Seite legen. Wer eine komplexe Story erwartet, wird gewiss enttäuscht werden. Wer sich jedoch auf kleine Schicksale einlassen möchte und kann, dem wird etwas geboten werden.

Ich bin ja eine, die nie ein Buch zweimal liest, weil ich denke, dass dann der Zauber, wenn es denn einen gab, verloren geht. Hier aber bin ich der Meinung, dass erst beim zweiten Lesen alles erfasst werden kann. Oder man macht direkt Denkpausen zwischen den einzelnen Geschichten, um jede Nuance einfangen zu können.

©2017

weitere Zitate:

"Wir wechseln von der Erinnerung zur Vorstellung,
ohne uns dieses Übergangs wirklich bewusst zu sein." (S. 22)

"Ich glaube, die Menschen wären glücklicher, wenn sie öfter Dinge zugeben würden.
In gewisser Weise sind wir alle Gefangene einer Erinnerung, einer Angst oder einer Enttäuschung.
Wir werden alle durch etwas bestimmt, das wir nicht ändern können." (S. 56)