Gefangen in der Zeitspirale

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Jakobs Großvater war ein begeisterter Geschichtenerzähler. Doch inzwischen scheint der alte Herr so verwirrt, dass die Familie ihn nicht mehr  allein lassen kann. Jakob ist aus dem Alter der Monstergeschichten herausgewachsen und weiß, dass Grandpa Portmans Familie von den Nazis getötet wurde. Nur Abraham Portman überlebte, weil seine Eltern ihn auf eine walisische Insel ins Exil schicken konnten. Der alte Portman wird schwer verletzt hinter seinem Haus gefunden und kann Jakob vor seinem Tod noch zuraunen: "Geh auf die Insel. Finde den Vogel auf der anderen Seite vom Grab des alten Mannes." Jakobs Neugier wird weiter angestachelt, als er im Nachlass des Großvaters einen Brief in schwungvoller altertümlicher Handschrift findet, der aus Cairnhom Island in Wales stammt. Unterschrieben ist der Brief von Miss Peregrine. Peregrine ist die Bezeichnung für Falke. Sollte diese Miss Peregrine der Vogel sein, auf dessen Spur der sterbende Abe Portman seinen Enkel schicken wollte? Der Tod seines Großvaters führt in Kombination mit den unheimlichen alten Geschichten, die schon früher niemand glaubte, zu Jakobs Zusammenbruch. Der Junge muss in Behandlung eines Psychiaters. Jakobs Familie besitzt eine Kette von Drogeriemärkten. Die Portmans sind wohlhabend genug, dass Jakobs Vater es sich erlauben kann, Bücher zu schreiben, die er nie beendet. Durch den glücklichen Zufall, das Jakobs Vater nicht für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss und  das Vogelparadies Cairnholm seine Neugier weckt, können Vater und Sohn nach Wales reisen. Jakobs Psychiater ist sehr angetan von dieser Idee und hofft, Jakob wird auf der Insel seine "Obsession" besiegen. Die Insel hat eine bewegte Geschichte hinter sich, Spuren des Zweiten Weltkriegs sind in Form von U-Boot-Wracks noch heute sichtbar.  In einer Ruine zurückgelassene Fotos, die denen seines Großvaters ähneln, heizen Jakobs Neugier weiter an. Schließlich findet Jakob sich mitten im Jahr 1940 wieder, an dem Tag, an dem die Insel von der deutschen Luftwaffe angegriffen werden sollte. Der Besucher aus Amerika ist in eine Zeitschleife geraten, in der er Miss Peregrine und eine Gruppe von Kindern trifft, die nicht altern können und den 3. Septemer 1940 immer wieder durchleben müssen. Die Kinder gehören zur Spezies der Krypto Sapiens, die paranormale Fähigkeiten haben und Zeitschleifen einrichten können. Die Kryptos konnten nur auf wenigen abgelegenen Inseln überleben. Kein Wunder, dass normale Menschen sich vor Kindern fürchten, die an der Decke schweben oder in der Hand eine Flamme entzünden können.

Wie jeder Zeitreisende muss Jakob nun seinem Vater gegenüber eine plausible Ausrede für seine Abwesenheit liefern, wenn er  Miss Peregrines Kinder treffen will. Die Kinder sind in ihrer Welt gefangen und werden sich zwangsläufig wünschen, Jakob einmal auf seiner Seite zu besuchen. Außerdem gibt es noch Emma, die damals in Abe Portman verliebt war und nie verstanden hat, warum Abe von der Insel verschwand. Als  die Kryptos unerwartet in Gefahr geraten, kommt es allein auf Jakobs Hilfe an. 

"Die Insel der besonderen Kinder" wirkt rein äußerlich sehr erlesen mit Vignetten, farbigen Seiten und den authentischen Schwarz-Weiss-Fots, auf die sich die Handlung bezieht. Wenn die Schutzfolie entfernt wird, riecht das Buch in den ersten Tagen stechend nach Druckfarbe.Wer von Riggs ungewöhnlichem Buch keinen Fantasyroman erwartet, wird von der düster-nebligen Atmosphäre der Insel  förmlich in das System der Zeitspirale eingesaugt. Jakob merkt man an, dass er der Enkel eines Geschichtenerzählers ist.  Mit beiläufigem Humor schildert er das Schicksal seines Großvaters und seine eigenen emotionalen Wechselbäder zwischen Monstergeschichten und historischen Tatsachen. Die leichtfertige Gleichstellung der Ausrottung der Juden mit einer Gefährdung der Kryptos durch Monster trübt leider den guten Eindruck dieser Zeitreise-Geschichte. Die Rollenverteilung, die Jakob seinem schwachen Vater gegenüber die Kümmerer-Rolle einnehmen lässt, hat mich sehr amüsiert. Emma aus dem Jahr 1940 und Jakob aus der Gegenwart hätte ich eine für die Zeit, in der jeder von ihnen lebt, charakteristischere Sprache gewünscht.