Die skurrile Geschichte der vier Christofs

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Einleitung/ Info

"Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz" ist das zweite Buch, welches im Verlag Kiepenheuer & Witsch von Jordi Puntí erschienen ist. Der Autor wurde 1967 in Manlleu, Barcelona geboren und veröffentlichte 1998 seinen ersten Band mit Erzählungen. "Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz" erhielt zahlreiche Preise.

Handlung

Gabriel Delacruz ist Umzugsfahrer, Waisenkind, heimatloser Lebenskünstler. Er hat vier Söhne in vier Ländern: Cristòfol (Barcelona), Christopher (London), Christof (Frankfurt) und Christophe (Paris). Sie erfahren erst im Erwachsenenalter voneinander, als Gabriel verschwindet. Aus ihrem Leben ist er freilich schon Jahrzehnte früher verschwunden, aber nun ist er offiziell als vermisst gemeldet.
Die vier Christofs beginnen sich zu treffen, das Leben ihres Vaters zu rekonstruieren, sie recherchieren, befragen ehemalige Freunde und Bekannte, besuchen vergangene Stationen Gabriels Lebens. Langsam verdichtet sich das Bild eines liebenswerten, aber sehr flüchtigen Mannes.
Die ersten ~170 Seiten sprechen "die Brüder", es ist also quasi eine Wir-Perspektive, die etwas gewöhnungsbedürftig, aber dann gar nicht seltsam, sondern typisch und konsequent ist. Mich hat das Buch nach ein paar Seiten eingenommen.
Unterbrochen wird diese Perspektive kurz von Cristòfol, der erzählt, wie er die Wohnung des Vaters zum ersten Mal betreten hat und von Erzählungen Petrolis, einem der Fahrer mit denen Gabriel unterwegs war
Dann nach den etwa 170 Seiten kommt Christof zu Wort und er erzählt wie seine Eltern sich kennenlernten, er wird von Christopher abgelöst und dieser von Christophe,... und so entwickelt sich die Geschichte.

Covergestaltung und Buchtitel

Das Cover empfinde ich als neutral. Es gefällt mir durchaus, die zwei rennenden Jungs, nur von hinten zu sehen, flüchtig, wie Gabriel als Charakter gezeichnet wird. Auch der Titel ist durchaus passend. Weder Cover noch Titel sprechen mich jedoch explizit an oder ich finde sie außergewöhnlich gelungen.
Der Klappentext und die Leseprobe haben mich jedoch auf das Buch neugierig gemacht und dann werden die anderen gestalterischen Elemente eh zweitrangig.

Positives

Mir hat der andere, außergewöhnliche Schreibstil sehr gut gefallen. Die Wir-Perspektive, später unterbrochen durch die Erzählung jedes Christofs. Das war mal etwas anderes, besonderes.
Auch die Geschichte in ihrer Originalität und gleichzeitig Alltäglichkeit hat mir gut gefallen. Puntí schafft es jedem Protagonisten ein Gesicht zu geben, er zeichnet grau und nicht schwarz-weiß. Ist man anfangs noch sauer auf Gabriel, weil er seine Söhne alle allein gelassen hat, so lernt man seinen Charakter nach und nach kennen und erkennt, dass er zwar Fehler gemacht hat, aber auch viele liebenswerte Seiten besitzt. Auch die Richtung, die die Geschichte nimmt hat mir gefallen, zum Teil sehr unerwartet, aber es wirkt nie aufgesetzt oder unrealistisch herbeifabuliert.
Nicht zuletzt hat mir die Verflechtung mit den politischen und geschichtlichen Hintergründen der damaligen Zeit, die ganz unaufgesetzt, weder zuviel noch zuwenig, als Rahmenhandlung in die Geschichte mit einfließen, gefallen.

Negatives

Mir fällt gar nichts ein. Und bevor ich jetzt anfange etwas zu suchen, vermelde ich einfach mal: Es gibt dieses Mal nichts. Mir hat das Buch einfach gefallen. Punkt.
(Okay: Ich mag die Farbe des Lesebändchens gar nicht. ;-))

Fazit

"Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz" hat mir ausnahmslos gut gefallen. Die facettenreichen, detailliert gezeichneten Charaktere. Die zum Teil komisch anmutende, aber doch auch ernste Geschichte. Gabriels ruheloses Leben, seine abenteuerlichen Umzugsfahrten und sein ganz eigener Charakter und nicht zuletzt Puntìs Erzählweise, die, wie das Leben, bunt ist; nicht geradewegs zum Ziel, sondern sowohl mit Abkürzungen, als auch mit Umwegen.

Definitiv 5 volle Sterne. :-)