Die verlorenen Koffer

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mrs-lucky Avatar

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Gabriel Delacruz fährt Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre gemeinsam mit 2 Kollegen im Auftrag einer spanischen Spedition als Möbelpacker quer durch Europa. Aus Affären mit jungen Zufallsbekanntschaften in Frankfurt, London Paris und später in seiner Heimatstadt Barcelona entspringen vier Söhne, die auf Gabriels Drängen hin alle den Namen Christof, beziehungsweise die landestypische Variante tragen. Gabriel verschwindet jeweils früh aus den Leben seiner Söhne. Als er gut 30 Jahre später ganz verschwindet, bekommt sein katalanischer Sohn Cristòfol Nachricht von der letzten Adresse seines Vaters und findet dort Hinweise über die Existenz seiner drei Brüder. Die vier treffen sich mehrfach und machen sich gemeinsam nicht nur auf die Suche nach ihrem Vater, sondern begeben sich auch auf die Spuren seiner Vergangenheit, um mehr über das Leben und das Wesen ihres Vaters zu erfahren. Da sie selber nur wenig Kontakt zu ihrem Vater hatten und aufgrund ihres Alters kaum eigene Erinnerungen, begründen sich ihre Erkenntnisse und Erzählungen auf  dem, was sie von ihren Müttern und Zeitzeugen sowie Gabriel Hinterlassenschaften erfahren haben.

Zu Beginn erzählen alle 4 Brüder gemeinsam von Gabriels Geburt und seinem Aufwachsen im Waisenhaus. Dort lernt er auch seinen besten Freund Bundó kennen, der wie ein Bruder für ihn ist und gemeinsam mit ihm die Umzugsfahrten quer durch Europa unternimmt.

In den weiteren Teilen des Buches erzählen die Brüder jeweils, wie es zum Zusammentreffen Gabriels mit ihren Müttern gekommen ist.

Der Roman ist in einem wunderbaren Erzählstil verfasst, leicht und bildhaft. Es ist vermutlich gewollt, dass die Brüder bei ihren Erzählungen zeitlich sehr hin- und her springen, der Fluss der Geschichte wird dadurch jedoch allzu oft unterbrochen. Die Jungen wissen wenig über ihren Vater, nicht nur, weil Gabriel sich mit allem Persönlichen immer sehr bedeckt gehalten hat. Entsprechend wird passagenweise mehr über Gabriels Wegbegleiter erzählt, als über ihn selbst. Es ist zwar durchaus passend für die Geschichte, dass der Leser nur auf Umwegen Einblicke in Gabriels Leben und die Verwicklungen bekommt, die ausufernden Abschweifungen habe ich jedoch teilweise als sehr ermüdend und nervig empfunden. Wenn ich nicht diese Rezension schreiben müsste, hätte ich das Buch vermutlich nicht zu Ende gelesen. Die Charaktere sind durchaus liebevoll ausgestaltet, vielleicht sogar zu sehr, so dass die eigentliche Geschichte zwischen den vielen Episoden verloren geht wie die verlorenen Kisten und Koffer, die in dem Roman eine zentrale Rolle spielen und über deren Dokumentationen Gabriels die Brüder einiges über ihren Vater erfahren. So gesehen führt der deutsche Titel eher in die Irre, der Originaltitel „Die verlorenen Koffer“ hätte meiner Meinung nach besser gepasst. Es gibt zwischendurch einige interessante und amüsante Anekdoten, wirklich fesseln und berühren konnte mich der Roman in dieser Länge nicht.