Familienbande

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sweetaddict Avatar

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Die Nachricht des Verschwindens seines Vaters erreicht Cristòfol völlig überraschend. In seiner Kindheit war der Vater lediglich ein paar Tage in der Woche bei ihm und der Mutter gewesen und, als er drei Jahre alt war, vollends aus ihrem Leben verschwunden. Nun wurde Gabriel aber auch bei der Polizei als vermisst gemeldet, da er Miete, Strom und Wasser schon lang nicht mehr gezahlt hatte und der Vermieter dem nachgegangen war. Obwohl er zunächst kein ernstes Interesse hat entscheidet er sich dennoch, die Wohnung des Vaters aufzusuchen. Während er sich dort umsieht wird die Neugier mehr über den Vater zu erfahren immer größer. Cristòfol stößt dabei auf ein Familiengeheimnis, der soll drei Halbbrüder haben, die über ganz Europa verstreut leben. Das macht ihn nun doch stutzig und er begibt sich auf die Suche.
In dem Buch von Jordi Punti erzählen die vier Brüder ihre Geschichte selbst und unternehmen den Versuch das Leben ihres Vaters nachträglich zu einem klaren Bild zu entwirren. Neben Bewunderung, Interesse und Stolz schimmert auch Trauer um die verlorene Zeit und Mitgefühl mit den Lebenswirklichkeiten der Mutter zwischen den Zeilen hindurch. Werden die Brüder das Leben des Mannes, dem sie ihre Existenz verdanken, rekonstruieren und ihn vielleicht sogar finden können?
Der katalanische Autor Jordi Punti beschreibt in dem 2013 bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Buch „Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz“ eine Lebenswirklichkeit, die sich kaum jemand vorstellen kann. Die Figur Gabriel bleibt auf den ersten 400 Seiten recht durchscheinend und unwirklich. Lediglich durch seine Söhne scheint ihm Lebendigkeit eingehaucht zu werden. Richtig greifbar wird sein Profil jedoch erst zum Ende des Buches. Jordi Puntis Werk ist eine Geschichte über Liebe, Verlassenwerden, Wut… aber sie zeigt auch, wie befreiend Vergebung sein kann. Die Figuren Cristofol, Christopher, Christof und Christophe verwirrten mich durch ihre Namen und ihre ähnlichen Geschichten. Schön, dass am Ende aufgeklärt wird, warum sie diese Namen bekommen haben.
„Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz“ zeichnet die verworrenen Lebenswege des Protagonisten nach und überzeugt den Leser dadurch, dass sein Leben aus verschiedenen Perspektiven rekapituliert wird. Der Leser begibt sich mit auf die Suche nach Gabriel und kommt ihm mit jeder Seite näher. Dennoch bleibt bis zum Schluss unklar, ob man ihn finden wird. Definitiv eine inspirierende Geschichte…