Portrait einer starken Frau

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rebekka Avatar

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Nach "Die Schmetterlingsinsel" und "Der Mondscheingarten" ist Corinna Bomann mit diesem Roman wieder ein interessantes Portrait einer starken Frau gelungen. Hannah, unter dem Namen Hoa Nhai in Saigon geborene Vietnamesin, hat ein bewegtes Leben hinter sich, als sie hoch in den Neunzigern ihrer Urenkelin Melanie zum ersten Mal ihre Erlebnisse berichtet. Sie will die junge Frau damit von dem Unglück ablenken, das die unvermittelt getroffen hat: Ihr Verlobter Robert liegt nach einem Unfall im Koma und es ist ungewiss, ob er daraus jemals wieder erwachen wird.

Wie schon in ihren vorhergehenden Büchern bedient sich Corinna Bomann wieder zweier Zeitebenen - zum nimmt sie ihre Leserinnen in die zwanziger Jahre mit, die die junge Hanna nach Deutschland und Frankreich führten. Zum anderen läßt sie sie am Hoffen und Bangen Melanies und an den Gesprächen mit ihrer Urgroßmutter im Hier und jetzt teilnehmen. Das alles in einer angenehm flüssigen Schreibweise, die das Lesen leicht macht.

Dass sie im Bemühen, ihre Protagonistin in möglichst viele dramatische Situationen zu führen, gelegentlich ein wenig über das Ziel hinausschießt, muss man einfach hinnehmen. Kaum zum glauben und sehr unwahrscheinlich ist es beispielsweise, dass ein angesehener Mann wie Hannahs Vater seine Familie nach seinem Tod unversorgt und bettelarm zurückläßt. Da arbeitet der Mann als Beamter in der Regierung seines Landes, führt ein großes Haus, empfängt wichtige Gäste, bietet Frau und Tochter ein Leben wie im Schlaraffenland - und hat keinerlei Geld auf die hohe Kante gelegt, damit sie später mal nicht darben müssen? In einem Land, in dem die Familie an erster Stelle steht? Das kann mir Corinna Bomann nicht weismachen!

Auch das Wiedersehen mit Thanh, ihrer "Jasminschwester" fällt für meinen Geschmack ein wenig zufällig und kurz aus.

Alles in allem ist es aber ein Roman, der sich sehr gut liest. Schon allein die Schilderung des Lebens im Berlin der zwanziger Jahre ist es Wert, dass man ihn kauft.