Eine klare Leseempfehlung für historische Romanleser:innen

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sommerlese Avatar

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Annette Spratte ist die Autorin des historischen Romans "Die Kannenbäckerin", der im Francke Verlag erscheint.

Im 17. Jahrhundert während des 30-jährigen Krieges wütet im Westerwald die Pest. Die 13-jährige Johanna verliert ihre ganze Familie an die Krankheit. Nun muss sie sich zu ihrem Onkel, einem Töpfer im Kannenbäckerland durchschlagen, in der Hoffnung, dass er sie bei sich aufnimmt. Um vor herumziehenden Soldaten geschützt zu sein, verkleidet eine Nachbarin Johanna als Junge.

Annette Spratte hat mich mit ihrer vom Schicksal gebeutelten Johanna von Anfang an in ihre lebendig erzählte Geschichte hineingezogen und ich konnte gar nicht anders als Johannas Erlebnisse gespannt zu verfolgen. Die Autorin spart nicht an realistisch klingenden Beschreibungen des Zeitgeschehens, man erlebt hautnah dass die grassierende Pest die Menschen massenhaft sterben ließ und wie herumziehende Soldaten die kleinen Dörfer skrupellos plünderten und die Bewohner ausraubten.

Als Johanna bei ihrem Onkel und ihrer Tante als vermeintlicher Neffe Johann unterkommen kann, entdeckt sie ihr Interesse und ihr Talent fürs Töpfern. Sehr interessant ist die Beschreibung der Arbeitsschritte rund um das Töpferhandwerk und ich habe die Probleme des Brennens und der Tonbeschaffung eindringlich miterleben dürfen und gehofft, dass die Tonwaren heil bleiben und gut verkauft werden können.

Zu dieser Zeit war die Hexenverfolgung ein grausames Werkzeug der Inquisition. Auch Johanna wird als Hexe angeklagt und muss sich einem solchen Verfahren unterziehen und wird gefoltert, um ihr ein Geständnis abzuringen. Mehr möchte ich zu dieser schrecklichen, aber auch fesselnden Szene nicht verraten.

Die Figuren sind detailliert gezeichnete Charaktere mit Persönlichkeit, die sehr lebendig und mit ihren Schwächen und Stärken sehr glaubwürdig wirken. Johanna ist eine echte Sympathieträgerin, fleissig, klug und sie entwickelt mit der Zeit einen Glauben zu Gott, der ihr Kraft bei der Bewältigung ihres Lebensweges gibt. Man leidet und fiebert mit ihr mit und freut sich über alle positiven Wendungen in der Geschichte, die auch von viel Leid und Existenzängsten erzählt.

Natürlich darf auch eine Romanze nicht fehlen, die durch verfeindete Lager gefährdet ist und wenig Aussicht auf ein positives Ende lässt.

Mir hat dieses Buch sehr eindringlich deutlich gemacht, wie stark Frauen im Spätmittelalter unterdrückt wurden und wieviel mehr Rechte den Männern zustanden. Obwohl Johanna das Töpferhandwerk geschickt beherrschte, wurde dies von den anderen Meistern nicht anerkannt und sie brauchte immer Fürsprecher in Männergestalt.

Dieser Roman ist eine gelungene Mischung aus Spannung, historischem Einblick, inhaltlicher Tiefe und etwas Romantik, die durch die interessanten Charaktere und die fesselnde Handlung zu einer lebendigen und unterhaltsamen Geschichte verschmelzen.