An der entscheidenden Seite zu viel Fiktion

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Ein Roman über eine 'besondere' Frau, die am Ende nicht besonders ist.

Die mit Lebenserinnerungen besprochenen Kassetten der Oma von Alexa Hennig von Lange führten die Autorin zu der Idee, aus dem Material die Geschichte für dieses Buch zu entwerfen.
Wir begleiten Klara auf ihrem Weg vom finanziell eingeschränkten Elternhaus in ihren Beruf als spätere Leiterin eines Kinderheims.
Sie 'adoptiert' Tolla, ein jüdisches Waisenmädchen, welches sie im weiteren Verlauf als ihr eigenes Kind ausgibt. Die finanziellen Engpässe der Wirtschaftskrise lassen sie die Nähe der Nazis suchen; sie bemüht sich, das Heim unter die Führung des Staates zu stellen.
All das hat Konsequenzen.
Parallel lernt Klara ihren künftigen Mann kennen, über einen sehr langen Zeitraum kommen sich die beiden näher.
Die Geschichte ist flüssig geschrieben und es gibt viele kleine Nebenhandlungen, die einen gerne weiterlesen lassen.
Die Distanz, die Klara auf den ersten Seiten ihren Kindern gegenüber lebt, empfinde ich beim Lesen Klara gegenüber- ich kann sie emotional nicht greifen; sie wirkt als lebe sie in Distanz zu sich selbst. Während des Lesens des Romans ist sie mir trotzdem sympathisch.
Das ändert sich, als sich am Ende des Buches herausstellt, das das kleine jüdische Mädchen Fiktion ist.
Wenn man Klaras Geschichte 'um dieses Kind reduziert', bleibt eine andere Frau zurück. Dazu passt, daß plötzlich im Buch aus der großen Liebe Gustav ihr 'kleiner Lehrer' wird.
Bei mir bleibt das Gefühl, dass die Autorin ihrer Großmutter eine größere Distanz zu den Nazis zuschreiben möchte, als diese in Wirklichkeit war. Kann ich verstehen, finde ich aber nicht gut; zumal der Leser mit der Grossmutter, die ihr Leben auf Kassetten gesprochen hat, gelockt wird. Deshalb werde ich auch sicher nicht die weiteren Bände der Trilogie lesen. In einem Interview für Dumont beschreibt die Autorin ihre Großmutter und deren Tätigkeit im 3. Reich. Das ist definitiv nicht die Käthe, die ein jüdisches Kind aufzieht- der Gegensatz ist krass und gruselig. Mit einem schalen Gefühl werden es gerade noch 3 Sterne.