Ein Leben

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pewie Avatar

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Die 90jährige Klara spricht ihre Lebenserinnerungen auf Kassetten, für ihre Kinder, Enkelkinder und bald auch ein Urenkel. Sie macht auch im hohen Alter einen selbstbewussten, fast strengen Eindruck. Alles muss ordentlich und geregelt sein. Sie war in ihren jungen Jahren Lehrerin für Hauswirtschaft in einem Kinderheim. Dort wurden kranke Kinder betreut und gleichzeitig Mädchen als Hauswirtschafterinnen und Kinderpflegerinnen ausgebildet.
Ein kleines Waisenmädchen nimmt sie als ihre Tochter an. Mit den Jahren übernimmt sie die Verantwortung für das Haus. Es wird wirtschaftlich immer schwieriger und sie beginnt mit den neuen Machthabern zu lebäugeln. Zu spät merkt sie das diese eine Gefahr für ihre Tochter darstellen, denn Tolla ist Jüdin von Geburt.
Dieses Buch basiert zum Teil auf den Kassetten die die Großmutter der Autorin besprochen hat. Es ist ein Versuch ,das Verhalten der Menschen die keine Widerständler und keine begeisterten Mitläufer waren, zu erklären. Denn diese Frage treibt viele Menschen heute um. Habt ihr es nicht kommen sehen, warum habt ihr euch nicht gewehrt, warum habt diese Partei gewählt, warum habt ihr nicht die Notbremse gezogen, warum habt ihr mitgemacht? Alle diese Fragen möchte man der Großelterngeneration stellen. Antworten können sie in den meisten Fällen nicht mehr geben. Denn am Beispiel von Klara wird klar, Viele waren politisch unbedarft. Viele hatten nicht genug Vorstellungskraft, andere dachten vielleicht so schlimm kann es nicht werden.
Klara ist eine Figur ihrer Zeit. Strebsam, ordentlich, verantwortungsbewusst gegenüber ihrer Familie. Ihre Entscheidung ihr Schweigen zu brechen und ihre Geschichte erst der Nachwelt zu erzählen passt gut dazu.
Denn wir wissen Menschen die diese Zeit erlebt haben, sprechen in den meisten Fällen nicht darüber.
Daher empfinde ich dieses Buch als spannend denn Klara könnte auch meine Großmutter sein. Das kleine jüdische Mädchen ist eine erfundene Figur, sie stellt sehr gut den Zwiespalt dar in dem sich Klara befindet, zwischen dem wirtschaftlichen Wohlergehen und ihrem Gewissen.
Der Schreibstil passt zu der Protagonistin, er wirkt etwas zurückhaltend, ernsthaft. fast streng.
Die Geschichte von Klara endet nicht mit diesem Buch, wir können erfahren wie ihr Leben bis heute sich entwickelt hat.