Lebensbeichte einer starken und unabhängigen Frau

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mamaliestschonwieder Avatar

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Klara, 91 und blind, spürt, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt, ihrer Familie von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Indem sie Kassetten bespricht, erlebt sie noch einmal, wie sie als junge Frau in den 1930ern die Leitung eines Kinderheims übernimmt. Um die Finanzierung des Heims zu sichern, muss sie gemeinsame Sache mit den Nationalsozialisten machen, zumal sie heimlich eine jüdische Waise als Ziehkind aufgenommen hat. Im Inneren jedoch verabscheut sie die menschenverachtenden, frauenfeindlichen Ansichten des Hitlerregimes.
Alexa Hennig von Lange verarbeitet in diesem Buch das Schicksal ihrer eigenen Großmutter, die wie Klara in hohem Alter ihre Erinnerungen auf Kassetten aufgenommen hat. Das und der packende Erzählstil machen dieses Buch für mich zu einem sehr lebendigen, wahrhaftigen Bericht über das Leben während der NS-Zeit. Ich konnte mich problemlos in den Zwiespalt hineindenken, in dem viele Menschen damals lebten: Einerseits der Drang nach Freiheit und Menschlichkeit, andererseits die Notwendigkeit den Lebensunterhalt zu sichern und sich und seine Familie zu schützen.
Besonders bewegend fand ich die Beschreibung der Reichspogromnacht, die Klara und ihr Verlobter Gustav in Goslar miterleben, das Leid der Juden, aber auch die Scham der Menschen, die zusehen, aber nicht eingreifen können.
Es ist der erste Teil der Lebensbeichte einer sehr starken und unabhängigen Frau, ich freue mich schon auf die nächsten Bände!