Lebenserinnerungen und fatale Entscheidungen?

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mima1829 Avatar

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Das Cover hat nicht direkt etwas mit dem Buch zutun. Es ist grafisch stilisiert und sieht doch ansprechend aus.
Ich habe das Buch gelesen, weil ich ein Interview von der Autorin Alexa Hening von Lange gehört habe und sehr angetan war.
Außerdem finde ich erlebte und erzählte Geschichte aus der Zeit sehr wichtig.
Die Autorin erzählt die Geschichte Ihrer erblindeten Großmutter Klara, die Ihre Lebensgeschichte auf 130Kasetten aufgesprochen hat als Sie bereits über 90 Jahre alt ist. Das Buch wird in zwei Zeitebenen erzählt.
Ihre Enkelin ist schwanger, wird eine alleinerziehende Mutter werden und da bricht Ihre Vergangenheit unerwartet auf.
Die junge Klara bekommt in der Wirtschaftskrise 1929 eine Stelle als Lehrerin in einem Kinderheim in Oranienburg.Dort wird ein Säugling abgegeben und Klara kümmert sich wie eine Mutter um dies Kind. Da es ein jüdisches Mädchen ist, die finanzielle Situation ziemlich ausweglos ist macht Klara einen Versuch um das Heim zu retten: Klara lässt sich mit den nationalsozialistischen Machthabern ein.
Sie will nichts mit der Politik zu tun haben, denkt, es wird alles gut werden und Sie kann Tolla und "Ihr" Heim damit retten.Sie erkennt viel zu spät was Sie damit getan hat, denn Sie distanziert sich innerlich schon von den Leuten die jetzt das Land regiert. Trotzdem macht Sie immer weiter und am Ende wird Ihr Heim eine Ausbildungsstätte für junge Mädchen unter dem Hakenkreuz und Sie muss Tolla wegbringen, weil Sie denkt, das das die Lösung Ihrer Probleme ist.
Ja, Sie kann weiterhin die Leiterin des Heims sein, auch heiraten, aber "Ihre Tochter" hat Sie verloren.
Ich empfinde Klara ziemlich blauäugig.Sie verschließt sich den Ratschlägen Ihrer Freundin Susanne, die die Zeichen der Zeit erkennt.
So sind sicherlich tausende Menschen gewesen, nur nicht auffallen, mitmachen um weiter arbeiten zu können.Kein Widerstand, denn sonst ist das eigene Leben in Gefahr, so schrecklich.
Jetzt, im Alter, ist Klara teilweise verbittert, aber einsichtig? Das kommt evtl. im 2.Buch..?
In dem Buch ist das Waisenmädchen Tolla eine fiktive Person, also von der Autorin zusätzlich hineingebracht, aber das macht das Verhalten von Klara nicht viel besser. Es wird gut dargestellt wie die deutschen sich der Umstrukturierung unterworfen haben und es so zu dem Unheil kommen konnte was die NSDAP angerichtet hat.
Der Schreibstil ist flüssig und ich konnte mir gut bildlich vorstellen wie es zu der Zeit gewesen ist.
Obwohl ich über die Entscheidungen von Klara geschockt bin, würde ich, zumindestens den 2.Band lesen, denn so steht Klaras Leben irgendwie offen vor einem und man wartet wie es wohl weiter geht.

Fazit:ein Buch über gelebte Geschichte, die man sich anders gewünscht hätte.